Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

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Deutsche 
Miniaturen. 
neuer 
Motive 
steht 
diese 
Handschrift 
ZVVHT 
den 
beiden 
obenerwähnten, wahrscheinlich etwas jüngeren, nach, über- 
trifft sie dagegen in der Ausführung, und besonders im 
Schönheitsgefühle. Sehr eigenthümlich ist, wie hier nach 
der Verschiedenheit der Gegenstände ältere, byzantinisirende 
und neuere Formen wechseln. Der Kalender enthält bei 
jedem Monate in der architektonischen Einrahmuilg unten 
einen Apostel, oben wie gewöhnlich die angemessene 
Wirthschaftsbeschäftigung5 jene sind von überaus langen 
Proportionen, in der Gewandbehandlung und im Schnitte 
des Kopfes völlig typisch, diese haben kurze Gestalten 
und sehr genremässige Iilaltung. In den Bildern des Textes 
hält die Zeichnung gewissermaassen die Mitte; sie schliesst 
sich an die typische Auflassung an, verräth aber durch grosse 
Einfachheit und Bestimmtheit einen Einfluss der Sculptur. 
Am Schlusse des Buches endlich belinden sich die Bildnisse 
des Landgrafen und der Könige von Böhmen und Ungarn, 
jeder mit seiner Gemahlin, und zwar mit augenscheinlichem 
Bestreben nach Porträtährxlichkeit. 
Neben diesen Miniaturen, in welchen der neue Geist 
sich nur gleichsam verstohlen und schüchtern änsscrt, kommt 
dann jene zweite Klasse auf, in welcher er frei und unge- 
hemmt, fast gewaltsam hervorbricht. Sie gehören alle zu 
Izlandschriften ritterlicher oder geistlicher Gedichte, oder 
beziehen sich auf Legenden von poetischer Tendenz oder 
endlich auf die Apocalypse, durchweg also auf Schriften, 
bei denen der Maler nicht durch die Ehrfurcht vor der 
Tradition oder durch die Pflicht kirchlicher Pracht gebunden 
war, und mit Gegenständen zu thun hatte, welche das 
Gefühl erregten. Die technische Behandlung dieser Bilder 
ist sehr anspruchlos, es sind blosse Federzeichnungen, zwar 
in farbiger Einrahmung und auf farbigen Hintergründen, 
aber theils nur durch den Wechsel schwarzer und rother
	        
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