Die
Miniaturmalerei.
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ohne oder mit geringer Schattirung
Architekturen und Bäume sind noch
eingetragen waren.
immer conventionell
gestaltet, die Hintergründe einfarbig, golden oder teppich-
artig gemustert. Die Zeichnung der Figuren ist namentlich
anfangs keinesweges correcter; die Füsse sind meistens zu
klein, die Hände, besonders bei bedeutsamer Bewegung,
oft zu gross, die Körper mager, die Bewegungen eckig
und gewaltsam, die Gesichter von regelmässig ovaler Form
mit sehr grossen Augen, geschwungenen Brauen, kleinem
Munde, starken Backenknochen, gerader noch mit fast
kalligraphischen Zügen gezeichneter Nase. Aber mehr
und mehr macht sich ein Gefühl für Ordnung, Begelmäs-
sigkeit und natürliche Bedeutung geltend. Die Linien
werden fester und einfacher, die Falten der Gewänder
weniger gehäuft, knapper dem schon besser verstandenen
Körperbau angefügt. Der erstarrte Mosaikentypus wird
aufs neue zu feierlicher Würde belebt. Der Gedanke tritt
(leutlicher hervor, die herkömmlichen Momente der heiligen
Geschichte werden ausführlicher charakterisirt, neue, bisher
noch nicht dargestellte hinzugefügt, die ethischen Motive
stärker betont. Allegorische oder aus dem Leben genom-
mene Gegenstände werden mit Liebhaberei eingeschaltet,
in dem den heiligen Schriften vorausgehenden Kalender
werden immer häufiger neben den Sternbildern auch die
genreartigen Scenen der häuslichen Beschäftigungen jedes
Monats angebracht. Auch bei den Darstellungen aus der
heiligen Geschichte haben die Nebenliguren schon oft das
Kostüm der Zeit.
Vor Allem regt sich der Farbensinn. In den zum
kirchlichen Gebrauche oder zur Privatandacht vornehmer
Personen bestimmten Manuscripten sind die Bilder in einer
sehr sorgsam behandelten Guaschmalerei ausgeführt, mit
pastos aufgetragenen, auf der Oberfläche geglätteten kräf-
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