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Die
darstellenden
Künste.
Der Zusammenhang der einzelnen Zweige der darstel-
lenden Kunst war nicht mehr derselbe wie in der vorigen
Epoche. Während sie dort alle in den nämlichen Kloster-
schulen gelehrt, häufig von denselben Händen geübt Wur-
den, War jetzt die härtere Arbeit, namentlich die Stein-
seulptur, fast ausschliesslich auf die Laien übergegangen,
die Miniaturmalerei dagegen, welche noch immer die Schule
der gesammten malerischen Technik bildete, den Klöstern
oder der Geistlichkeit verblieben. Dies schloss nun zwar
nicht aus, dass die verschiedenen Künste auf allen Entwi-
ckelungsstufen eine gewisse Gleichförmigkeit behielten;
dieselben geistigen Einflüsse machten sich in allen geltend;
die Bildung war schon eine mehr verbreitete und allgemei-
nere, und ein reger Wetteifer trieb zur Beachtung der
Schwesterkünste. Aber jene technische Trennung und die
nähere oder entferntere Beziehung der einzelnen Kunstzweige
zur Architektur bedingte doch einen verschiedenen Gang
der Entwickelung, Welcher uns auch hier nöthigt, sie ge-
sondert zu überblicken.
Ich beginne hiebei mit den verschiedenen Zweigen
malerischer Technik und zunächst mit der Miniatur-
malerei, weil sie am ti-eiesten von dem Einflusse des
architektonischen Elementes war und daher deutlicher er-
kennen lässt, wie die geistigen Regungen und dasvGefühls-
leben der Zeit an und für sich auf die darstellende Kunst
einwirkten.
Man wird natürlich keine plötzlichen und durchgrei-
fenden Veränderungen erwarten. Während des ganzen
Laufes der Epoche bestanden die Malereien noch immer
in blossen Zeichnungen mit .mehr oder weniger starken,
meist schwarzen Umrisslinien, in welche die Lokalfarben