Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

624 
Die 
darstellenden 
Künste. 
auch da, wo sie nicht mit den Gebäuden zusammenhingen, 
gern eine architektonische Einrahmung und bildete die Ge- 
stalten selbst unter dem Einflusse des architektonischen 
Styles. Dies geschah sogar anfangs mit einer einseitigen 
Strenge, welche das Leben fast zu byzantinischer Starrheit- 
herabdriickte. Aber allmählig erlangte die Kunst durch 
diese strenge Schule ein feines Gefühl für räumliche Ver- 
hältnisse und Reinheit der Linie, für Klarheit der Anord- 
nung und Harmonie des Ganzen, und endlich unter wach- 
sender Erstarkung des Naturgefühls einen edlen, wirklich 
plastischen Styl und jene maassvolle, schlichte Haltung, 
welche, gleichweit von kalter Gleichgültigkeit und weich- 
lieher Sentimentalität, bei der Darstellung religiöser Gegen- 
stände unentbehrlich und auch für die künstlerische Auf- 
fassung des Lebens so günstig ist. Dies Entgegenkommen 
der verschiedenen Künste, das Vorherrschen des StLvlisti- 
schen in der Darstellung und des Plastisch-Malerischen in 
der Architektur war eben nicht ein zufälliges Ereigniss, 
eine Folge der Schwäche und Unklarheit, sondern eine 
Aeusserung des mächtigen Bestrcbens dieser Zeit nach 
voller Einheit des Subjectiven mit dem Allgemeinen des 
geistigen Lebens. Es gewährte daher auch den unschätz- 
baren Vorzug eines Zusammenwirkensder Künste, wie 
es keiner anderen Zeit gegeben war und das zu den herr- 
lichsten Resultaten führte. 
Eine Wirkung dieses einenden Strebens war denn 
auch, dass das symbolische Element in dieser Epoche 
eine neue Gestalt annahm. Jene rohe und dunkle Thier- 
Symbolik, die stets wiederkehrenden, nur sehr unbestimmter 
Deutung fähigen Kämpfe von Menschen und Urlgeheuern, 
welche an Wänden und Kapitälerx hervorbrachen ohne in 
innerem Zusammenhange mit der Architektur zu stehen, 
verschwinden sofort. Nur die bekanntesten, durch alte
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.