Die
heil.
Kreuzkirche
in
Breslau.
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Chor und beide Seiten des Querschiffes polygonförmig,
mit drei Seiten des Achteckes, geschlossen sind. Wahr-
scheinlich war bei dieser Abweichung von der gewöhn-
lichen rechteckigen Gestalt der Kreuzarme, da die Länge
des Chores eine Gesanruntwvirkung der drei Conehen, eine
kleeblattartige Form, wie an der Elisabethkirche in Mar-
burg, nicht gewährte, nur die Absicht bestimmend, durch
diese ungewöhnliche Form die Gestalt des Kreuzes, dem
die Kirche geweihet war, schärfer zu betonen. Das ganze
Gebäude ist in reinem gothjschen Style; die Krypta hat
zwar ziemlich schwere Pfeiler und flache Kreuzgewölbe
mit halbkreisförmigen Diagonalen, was aber bei der ge-
ringen Höhe dieses Unterbaues von nur 20 Fuss fast nicht
anders sein konnte. Das Langhaus der Oberkirche hat
gleichhohe Schiffe von 60 F uss Scheitelhöhe und zwar so,
dass die Gewölbfelder im Mittelschiffe quadrat, in den
Seitenschilfeir länglich sind. Die Pfeiler sind eckig gestaltet,
nur mit Dreiviertelsäulen in den eingekerbten Ecken, also
in einer dem Backsteinbau bequemen Form, das Maass-
Werk der Fenster lmd die künstlichen Gewölbe lassen aber
schliessen, dass dieser Theil der Kirche erst im vierzehnten
Jahrhundert entstanden ist. Im Chor und Kreuz sind da-
gegen schmale einfache Kreuzgewölbe mid überhaupt
schlichtere Formen, Welche diesen Theil als den im Jahre
1295 beendeten erscheinen lassen. Ungefähr gleichzeitig,
vielleicht selbst etwas früher, wird auch die freilich später
devastirte und restaurirte St. Martinikirche entstanden
sein. Sie war ursprünglich Kapelle der herzoglichen Burg,
Wodurch sich ihre xmregelmässige, polygonförmige Anlage
erklärt, und hat im Chore an der Backsteinwand in Sand-
stein ausgeführte Blendarcaden mit reichen Ornamenten in
den Zwickeln, welche als die reinste und schönste Lei-
Stung des frühgothischen Styles in Breslau geschildert
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