Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

Die 
Klosterkirchen 
Zll 
Chorin 
und 
Berlin. 
607 
Klosters und das Maasswerk der Fenster sind in gutem 
Style aus leichten Formsteinen zusammengesetzt, aber die 
Pfosten, welche die Fenster theilen, wieder einfach und 
derb profilirt. Man sieht, die organische Durchbildung der 
gothischen Bauten natürlichen Steines ist nicht völlig er- 
reicht, es mischen sich überall Wieder schwere Gliede- 
rungen ein, welche der Wirkung nach denen des roma- 
nischen Styles gleichen; aber das Ganze giebt, vermöge 
seiner schlanken und richtigen Verhältnisse und des mäs- 
sigen und wohlgewählten Schmuckes, einen sehr würdigen 
und befriedigenden Eindruck, Luid selbst jene Härtenrund 
Ungleichheiten finden eine harmonische Auflösung, wenn 
man erkennt, dass sie nicht aus VVillkür oder Slumpfheit 
des Sinnes, sondern aus der Natur des Stoffes hervorge- 
gangen sind. Sie tragcn das Gepräge der Wahrheit und 
erscheinen daher als organischer Ausdruck des Materials. 
Gleichzeitig" und ebenfalls in gutem frühgothischeu Style, 
mit geringen, romanischen Reminisccnzen, sind die Kloster- 
kirche zu Neuendorf in der Altmark und die schöne 
Kirche Maria Magdalena zu Neustadt-Eberswalde  
Ein Beispiel der eigenthümlichen Erscheinungen, zu 
welchen diese Verbindung gothischer Elemente mit Ueber- 
gangsformen führen konnte, giebt die Klosterkirche zu 
Berlin M). Die Stelle wurde schon im Jahre 1271 einem 
Franciscanerkloster verliehen, aber erst 1290 erhielt das 
Kloster das Geschenk eines Ziegelofens, und da die noch 
vorhandene Inschrift den Geschenkgebei- ausdrücklich mit 
zu den Stiftern zählt, so wird der Bau erst in dieser spä- 
teren Zeit begonnen sein. Der Chor , welcher sich ohne 
Kreuzschiff an das Langhaus anschliesst, ist durch sieben 
4'] F. v. Quast a. a. O. 
1") Kugler, kleine Schriften zur Kunstgeschichte I, 
auch Zeichnungen einzelner Details gegeben sind. 
102 ff. 
WO
	        
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