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Gothischer
Styl
in
Deutschland.
Anordnung mit niedrigen Seitenschiffen in Erinnerung ge-
bracht hatte in). Noch entschiedener herrscht die Hallen-
kirche jenseits der Weser, im Herzogthume Lüneburg.
Das älteste gothische VVerk dieser Gegend, von bestimm-
tem Datum, der nach einem Brande von 1281 im Jahre
1290 gegründete Chor des Domes zu Verden M), erin-
nert in sofern noch an holländische Bauten, als auch hier
bei übrigens vorherrschender Anwendung von Ziegeln die
Einfassungen der Fenster und Strebepfeiler in Sandstein
gearbeitet sind. Das Kreuzschilf ist sogar ganz in Quader-
steinen gebaut. Allein die Anlage ist sehr abweichend von
holländischer Weise; der Chor hat nämlich keinen Kapel-
lenkranz, wohl aber einen Umgang und zwar von gleicher
Höhe mit dem inneren Raume, so dass die Absicht der
Errichtung einer Hallenkirche ausser Zweifel ist, die denn
auch in dem freilich erst 1473 1490 hinzugefügten
Langhause zur Ausführung kam. Die Pfeiler im Chore
wie in diesem späteren Langhause sind kantonirte Rund-
säulen mit schmalen Kapitälen und runder, zweimal abge-
stufter Basis; das Maasswerk der grossen Fenster erinnert,
wenn auch bei minder bedeutender Wirkung, an das des
Mindener Domes. Auch die übrigen Kirchen des Landes
sind, so viel ich weiss, mit einer einzigen, interessanten,
aber erst in der folgenden Epoche zu erwähnenden Aus-
a) Die Kirche in Berne ist in Hausteinen gebaut und hier nur
angeführt, um das Vordringen des westphälischen Systems nach Norden
zu erweisen. Die Kirche in Hude war dagegen ein höchst eleganter
Backsteinbau, von dem noch bedeutende und malerische Ruinen auf-
recht stehen. Ueber beide Kirchen giebt H. A. Müller im Deutschen
Kunstbl. 1854, S. 256 Näheres.
d'r) Bergmann, der Dom zu Verden, 1833. Die Gründung und
die erst im Jahre 1390 erfolgte Weihe sind durch eine Inschrift beglau-
bigt. Ohne Zweifel war aber auch hier der Chor lange vor dieser Weihe
schon im Gebrauche gewesen, da der alte Dom so gänzlich durch Feuer
zerstört war, dass man nicht einmal die Reliquien retten können.