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Gothischer
Styl
in
Deutschland.
wirkliche Farbe der Ziegeln und die Steinfugen ihre Zierde
bilden. Selbst Malereien Wurden meistens auf die blosse
Wand gesetzt. Nur einzelne Theile, die man sondern
wollte, oder bei denen ein Verhauen der Ziegel und daher
ein unregelmässigerer Verband eintrat, wie Gewölbflächen,
Bögen, Mauerblenden und Nischen, Wurden mit Verputz
überzogen. Dagegen liebte man das Aeussere durch wech-
selnde Farben der Steine zu beleben, und verwandte die
glasirten Ziegel nicht bloss zu Ornamenten, sondern auch
in der glatten Mauer, Wo sie bald in horizontalen Lagen,
bald schachbrettartig mit rauben Steinen Wechseln, zuweilen
auch verticale, gebrochene oder im Zickzack bewegte Strei-
fen bilden; eine Verzierungsart, die nur in dunkleren Far-
ben und daher milder eine ähnliche Wirkung hervorbringt,
wie der Wechsel verschiedener Marmorarten an südlichen
Bauten.
Wir sehen nach allem diesem, dass der Ziegelbau seine
selbstständige Entwickelung, seinen eigenthiimlichen Styl
hat, der aus gewissen Elementen des Gothischen, aber mit
Berücksichtigung des Materials und mit Entfernung alles
dessen, was aus der Beschaffenheit des Hausteines erwach-
sen war, sich bildete. Die Gothik steht vermöge iln'er
Vereinfachlnig hier nicht in so scharfem Gegensatze zu
dem romanischen oder gar zu dem Uebergangsstyle, als
in anderen Gegenden; sie trägt allgemeinere Züge, war
daher auch Weniger wechselnd, weniger abhängig von dem
jedesmaligen Zeitgeiste und daher auch Weniger der Ent-
artung unterworfen, die in anderen Gegenden später ein-
trat. Dies mag es rechtfertigen, wenn ich in dieser vor-
ausgeschickten Schilderung zum Theil über die Gränzen
dieses Jahrhunderts hinausgegriffen und auf Einzelnheiten
hingewiesen habe, die sich erst später entwickelten.