Die
Gothik
im
Ziegelbau.
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manche seiner Schönheiten aufopfern, manche Zierden mit
anderen, dem Steinbau fremden vertauschen, wurde im
Ganzen einfacher, strenger, erlangte aber auch zuweilen
eine ungewöhnliche einfache und grossartige Würde. Die
Strebepfeiler sind minder stark, weniger abgestuft, schlies-
sen sich in einfacher Abschrägung oder mit einer Relief-
verzierlmg an der Stirnseite dem Dachgesimse an, und
werden später auch wohl ganz fortgelassen oder doch in
das Irmere hineingezogen. Der Schmuck der Fialen und
der freistehenden Spitzgiebel musste aufgegeben werden,
dagegen sind die Friese reicher gehalten, mit mehreren
Verzierungsreihen, noch spät mit Bogenfriesen, namentlich
mit sich durchkreuzenden, auch wohl mit Laubwerk in
edel gebildeter Form geschmückt. Anstatt der Balustraden
hat die Mauer am Fusse des Daches oft eine Zinnenbe-
kröllllllg, deren kriegerischen Ursprung man vergass, weil
sie in Ziegeln leicht herzustellen und durch vertiefte Felder
und Stabwerk zu schmücken war. Eine andere solchen
Schmuckes fähige Stelle gaben die Giebel, die daher hier
reicher, oft sehr zierlich ausgestattet, auch wohl vermehrt
und über den Kapellen und Abtheilungen der Seitenschiffe
angebracht sind. Das Maasswerk der Fenster ist anfangs
zuweilen durch Formsteine sehr geschickt im Geiste der
reinen Gothik ausgeführt, später aber meist sehr verein-
facht, ja dürftig, indem es mit V erzichtung auf die freiere
Entwickelung mannigfacher Bogenlinien und auf das Na-
senwerk nur im spitzbogigen Abschluss der Pfosten, oft
dlu-ch concentrische Bögen besteht, die man allenfalls, wie
in England, nur freilich in sparsamer, nüchterner Weise,
Sich durchschneiden liess. Die Leibungen der Fenster und
Portale sind nicht selten reich gegliedert, aber freilich, da
man diese Gliederung durch Formsteine bewirkte und die
Zahl verschiedener Formen nicht zu sehr vergrössern
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