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Gothischer
Styl
in
Deutschland.
Rundstäben und dazwischen gelegte Ecken gebildet, ohne
birnförmige Proiilirung, in den zweitheiligen schlanken
Fenstern ist dagegen, wiewohl grösstentheils zerstört, ein-
faches, wohlgebildetes Maasswerk zu erkennen. Das Klo-
ster ist 1233 gegründet, und zwar für die Prinzessin
Agnes, Tochter des ersten Königs von Böhmen, Przemysl
Ottokar 1.; es ist daher nicht wohl denkbar, dass der Bau
der Kirche lange verschoben worden, und die Formen ge-
statten uns auch die Annahme, dass er bald nach der
Mitte des Jahrhunderts, ohne Zweifel durch einen herbei-
gerufenen fremden Baumeister, ausgeführt sei. Aehnlichen
Styles ist auch die einschiffige Kirche des ebenfalls auf-
gehobenen Annenklosters in Prag (gestiftet 1249) und
das Langhaus des Domes zu Kollin.
In Oesterreich k] hatte sich der romanische Styl ziem-
lieh fest und unverändert erhalten. Die Pfarrkirche zu
Wiener- Neustadt (1220 1230), die Michaelerkirche
zu Wien (seit 1221) sind noch ohne den Spitzbogen, der
in der 1230 geweiheten Cistercienserkirche zu Lilienfeld
zum ersten Male, aber noch bei überwiegend romanischen
Formen, vorkommt. Gegen 1270 tritt dagegen der go-
thische Styl und nun sogleich in grosser Reinheit rmd
Eleganz an mehreren Gebäuden auf". So an dem schönen
e") Die Prachtwerke von Ed. v. Liehnowsky (Denkmäler der Bau-
kunst und Bildnerei des Mittelalters in Oesterreieh, 1817), und von
Ernst und Oescher (Baudenkmale des Mittelalters im Erzherzogthnme
Oesterreich, 1846) sind Fragmente geblieben. Ein umfassendes Kup-
ferwerk ist daher hier im höchsten Grade Bedürfniss. Einige vorläu-
fige Notizen giebt Dr. Heider in dem bereits angeführten Werke über
die Kirche zu Schöngrabern, denen ich unter vollem Eingeständnisse
meiner hier sehr lückenhaften Kenntnisse folge.