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Gothischer
Styl
in
Deutschland.
die Wirkung der reicheren Anordnung zu erreichen; seine
Fenster erscheinen breit, ihre Wiederholung bedeutungslos.
Noch Weniger ist ihm eine ähnliche Nachahmung des
Strebesystems am Aeusseren gelungen; er lässt nämlich
die Strebepfeiler oberhalb jener Nischen nicht auf der äus-
seren, sondern auf der inneren Seite abnehmen und sich
zuspitzen, und verbindet sie hier mit der Wand des oberen
Chores durch eine schmale Zwischenwand, deren schräge
Oberkante mit einer durchbrochenem Gitterverzierung ge-
krönt ist. Allein er verfehlt auch hier seinen Zweßk völ-
lig; was in grossen Verhältnissen und bei constructiver
Nothwendigkeit imponirt und zur schönsten Zierde wird,
erscheint hier als kleinliche und überflüssige Decoration.
Auch in der Anlage des Langhauses bemerken wir ein
ähnliches Verkennen der Wahren Principien des gothischen
Styles. In den Hallenkirchen hatte man aus guten Grün-
den , in den Kirchen der Bettelorden aus Sparsamkeit oft
die Breite der SeitenschilTe und der Pfeilerstellung erwei-
tert, in Kathedralen mit niedrigen Seitenschiffen aber stets
das normale Verhältniss der halben Breite des Mittelschilfes
festgehalten. S0 namentlich in Köln und in Halberstadt.
Der Meister von Regensburg entfernte sich dagegen gerade
hier von dem Herkommen des reicheren Styles und gab
beiden breitere Verhältnisse, wodurch denn seinem Werke
der Reiz der schlanken Wandfelrler und kühngeschwun-
genen Bögen, der gedrängten, Wirkungsreichen Perspective
entging. Im ganzen Werke sehen wir daher den Meister
zwischen dem ursprünglichen Systeme der Gothik und
der einfacheren deutschen Auffassung schwanken, vor Al-
lem aber ist es merkwürdig, dass hier, Während die Ar-
chitektur des dreizehnten Jahrhunderts auch in Deutsch-
land fast
so frühe
überall an constructiver Wahrheit festhält, schon
ein Versuch gemacht wird, bei sparsamer An-