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Gothischer
Styl
in
Deutschland.
zeichnet sich durch eine sehr auffallende Anlage aus. Sie
bildet nämlich ein einfaches Rechteck, dessen lange Seite
sich zur Breite ungefähr wie die Diagonale des Quadrats
derselben, wie sieben zu fünf, verhält. Die mittleren drei
Fünftel dieser Breite erheben sich als Oberschiff über die
beiden äusseren, welche niedrigere SeitenschiHe zu bilden
Scheinen. Im Inneren zeigt sich jedoch, dass der freie,
durch Balken gedeckte Mittelraum auf allen vier Seiten von
Emporen umgeben ist, Welche auf den Kreuzgewölben eines
nur fünfzehn Fuss hohen Umganges ruhen, in den Seiten-
schiffen eine diesem Umgange gleiche, in den dem Mittel-
schiffe entsprechenden Theilen der Ost- und Westseite
aber die doppelte Höhe, und auf der Westseite die Tiefe
von zwei, auf den drei anderen nur die eines Kreuzge-
wölbes haben. Diese Anordnung, Welche für den Altar
keine andere Stelle bietet, als den dunkeln Raum auf der
Ostseite des niedrigen Umgangs, und die allenfalls bei einer
auf das blosse Anhören de; Predigt berechneten Kirche der
Reformirten, nicht aber bei katholischem Gottesdienste, in
dem das Sakrament des Altars den Hauptinhalt bildet, be-
greiflich sein würde, kann Wohl unmöglich ursprünglich
beabsichtigt sein, sondern ist wahrscheinlich das Resultat
einer späteren Aenderung, von welcher das Gebäude in
der That mehrfache Spuren trägt. Der westliche Theil
deutet auf eine frühere Zeit; das Portal ist rundbogig, in
der Empore finden sich Rundsäulen mit Eckblättern und
ausgezeichnet schön gearbeiteten, aber romanischen Kapi-
tälen, während in den mehr östlich gelegenen Theilen an
den Pfeilern breite Kapitälgesimse, theils mit knospenarti-
gem, theils mit roh gearbeitetem naturalistischem Blattwerk
F. v. Quast im Deut-
über die alte Pfarre S.
kritischen Bemerkungen in dem Aufsatze von
sehen Kunstbl. 1852, S. 164 5., namentlich
195 und 207.