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Gothischer
Styl
in
Deutschland.
deutende Höhe des Mittelschiffes, die einfachen und an-
schaulichen Verhältnisse, die Reinheit und Gleichheit der
Formen, den Mangel alles Ueberflüssigen macht das Innere
einen sehr würdigen, wahrhaft kirchlichen Eindruck, dessen
Ernst durch die dunkele Farbe des Steines noch erhöht
wird.
Auch
hier
finden
wir
also
ein
vollkommenes
Ver-
ständniss des gothischen Styles sowohl in seiner construc-
tiven Bedeutung, als im Reize seines Sclnnuckes; aber zu-
gleich eine sehr freie und selbstständige Auffassung, welche
in einzelnen Fällen romanische Reminiscenzen nicht ver-
sehmähet, und durch den vorherrschenden ernsten, gemäs-
sigten und schlichten Sinn bei zweckmässiger Betonung
der wesentlichen Verhältnisse sehr günstig Wirkt und dem
fremden Style ein nationales, deutsches Gepräge giebt.
In Schwaben i") fand der gothisehe Styl, ungeachtet
des Beispiels, Welches der Freiburger Münster gab, keine
sehr eifrige Aufnahme. Kurz vorher, im zweiten Viertel
des Jahrhunderts, hatte sich hier ein Uebergangsstyl ge-
bildet, Welcher zwar in der Anordnung und in den Haupt-
gliedern ziemlich nüchterne Formen annahm, die gerade
Decke, den rechtwinkeligen Chorschluss, einfache achteckige
Pfeiler, den Spitzbogen in strenger Form und mit eckiger
Leibung, dabei aber in der Ausschmückung des Aeusseren
mit Arcaden und in der Ausstattung der Kapitale mit phan-
tastischen Ornamenten und Thiergestalten malerische Effecte
zu erreichen wusste, welche dem mehr poetisch als archi-
tektonisch begabten Stamme zusagten und ihn fesselten.
Beispiele desselben sind die Dionysiuskirche zu Ess-
lingen, etwa 1233 vollendet, und die Kirche zu Lauf fen
1'] Bis Heideloffs Kupferwerk weiter vorgerückt ist, giebt
noch immer nur der Aufsatz des Dr. Merz im Tüb. Kunstblatt 1845,
Nro. 84 87 zusammenhängende Nachrichten.