Der
Dom
Zll
Meissen.
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Bedürfnisses der verschiedenen Gewölbgurten angewendet.
Die Dimensionen sind minder bedeutend als an den Kathedra-
len von Rheims und Amiens, die Verhältnisse aber ganz ähn-
lich; die Gewölbhöhe (84 Fass) übersteigt zwar nicht wie
dort das Dreifache der Mittelschiffbreite sondern bleibt
nicht unerheblich darunter, aber sie hat fast das Fünffache
der Linie, welche hauptsächlich als Maassstab der Höhe
dient, des Pfeilerabstandes von Kern zu Kern und
das Ganze erscheint um so leichter mid schlanker, weil
der Raum zwischen den Scheidbögen und den mächtigen
Oberlichtern sein gering ist. Die Details endlich zeigen
durchweg ein feines Verständniss des Verticalprincips und
zum Theil schon weitere Consequenzen, als in den meisten
gleichzeitigen französischen Bauten. Die Frontsäulen der
Pfeiler steigen ununterbrochen zum oberen Gewölbe hinauf,
die Kapitäle sind niedrig lmd mit leichtem Blattwerk ver-
ziert, die Basis steht auf rautenförmiger Plinthe, die Ge-
wölbgurten sind durchweg schon mit tiefer Unterhöhlung
birnförmig proiilirt.
Endlich gehört auch noch der Dom zu Meissen, we-
nigstens seiner Anlage nach und in einzelnen Theilen, die-
ser Epoche an, obgleich er vorherrschend das Gepräge des
vierzehnten Jahrhunderts trägt. Bischof Witigo I. begann
Wahrscheinlich bald nach seiner Erhebung auf den bischöf-
liehen Stuhl im Jahre 1266 den Neubau und betrieb ihn
mit grossem Eifer und mit I-Iülfe zahlreicher Ablassbriefe.
Einer derselben vom Jahre 1272 bezeichnet das neue Werk
Schon als ein prachtvolles (fabricam opere novo tam sum-
fuoso inchoatam), ein anderer von 1290 setzt sogar eine
fheilweise Vollendung voraus, indem der Ablass nur ertheilt
Wim, um die Kirche zu ehren und ihren Besuch zu stei-
gern (ut congruis honoribus veneretur, et a cunctis {ide-
libus jugiter frequentetur). Wahrscheinlich war, als der