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Gothischer
Styl
in
Deutschland.
der Erzbischof", dass der Bau stocke, die Seitenwände nicht
höher hinaufgeführt, die Kapitäle nicht aufgesetzt, die Bö-
gen nicht gewölbt würden. Ohne Zweifel bezog sich diese
Klage auf das Langhaus, dessen Mauern bis zur Fenster-
höhe von derselben Dicke wie die der Chorkapellen, dessen
Pfeiler viereckigen Kernes und mit kräftigen Halbsäulen
unter den Scheidbögen versehen sind und in so weiten
Entfernungen stehen, dass man bei der späteren Ueber-
Wölbung über jeder Abtheilung zwei schmale Kreuzgewölbe
anbringen musste. Diese im Wesentlichen romanische An-
lage lässt darauf schliessen, dass man das Langhaus bald
nach der Vollendung der unteren Theile des Chores be-
gründete, demnächst zur Vollendung des Chores schritt,
dann aber, da den Chorherren wiederum die Stätte des
Dienstes gesichert war, den Bau ruhen liess, bis ihn die
Klage des Erzbischofs vom Jahre 1274 wieder in Gang
brachte. Ein Leichenstein im Osten des Langhauses trägt
die Jahreszahl 1294, ein anderer im Kreuzschiiife aber
schon die von 1266, so dass also dieses zur Zeit jenes
Klagebriefes schon bestanden haben muss. Ohne Zweifel
war zu dieser Zeit der Chor schon längst vollendet, da
man seiner zuerst bedurfte, so dass wir wohl annehmen
dürfen, dass auch die oberen Theile nicht später als um
1240 1250 entstanden sind. Auch ist die Gewölbanlage
der oberen Chorhaube noch sehr primitiv und zeigt, dass
die Bedeutung der Rippen noch nicht verstanden war, in-
dem diese mit der übrigens schon sehr leicht gehaltenen
Wölbung nicht in Verbindung stehen, sondern sie nur als
(liagonale Gurtbögen stützen
4'] S. über die Geschichte des Domes Rosenthal Geschichte der
Baukunst in Crelle's Journal Band 26, S. 72, und im besonderen Ab-
drucke III, 759, so wie den Text zu dem schon oben angeführten
Kupferwerke von Mellin und Rosenthal. Fr. Wiggert, der Dom zu
Magdeburg, 1835.