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Gothischer
Styl
in
Deutschland.
ganz anderer Weise als in Amiens oder an anderen gleich-
zeitigen französischen Kathedralen. Bei diesen ist nämlich
der gerade Theil des Chores, als Vorbereitung auf den
Umgang und Kapellenkranz der Rundung, fünfschiffig, das
Langhaus aber dessenungeachtet dreischiflig gehalten, und
das Kreuzschiff eben deshalb nur um eine 'l'ravee über die
Breite des fünfschiffigen Chores ausladend. Allerdings ist
dadurch im gezeichneten Grundrisse die Kreuzgestalt nicht
sehr anschaulich, allein dieser Mangel verschwindet bei der
Wirklichen Ausführung vollkommen, da das Kreuzschiff
durch seine Höhe sich von den Seitenschiffen ablöst und
die grössere Breite des Chores sich augenscheinlich als die
Vorbereitung des Umschwunges darstellt. Auch lagen die
Kapellen des Langhauses, welche jetzt die westlichen Seiten
der Kreuzarme verdecken, nicht im ursprünglichen Plane.
Der Meister des Kölner Langhauses folgerte dagegen aus
der fünfschifligen Anlage des Chores, dass auch das Lang-
haus fünfschiffig sein und das Kreuzschiff nicht bloss mit
einer, sondern mit zwei Arcaden ausladen müsse. Auch
in Frankreich giebt es fünfschiflige Kathedralen; die von
Paris, wo das Langhaus bei der Gründung des Kölner
Domes schon vollendet, die von Bourges, wo es aber
wahrscheinlich erst nach 1280, die von Troyes, wo es im
Anfange des vierzehnten Jahrhunderts, und endlich die von
Clermont-llkrrand in der Auvergne und von Orleans, wo
es ohne Zweifel später als an unserem Dome begonnen
wurde. Allein keine dieser Kirchen hat die bedeutsame
Ausbildung der Kreuzform, welche den Kölner Dom aus-
zeichnet. In Bourges fehlt das Kreuzschifl" ganz, in Paris
unmittelbar in den unteren Theilen ausgeführt, so dass der Kölner
Meister ihn wohl kennen konnte. Wer die Uebereinstimmung dieser
Chöre zuerst entdeckt hat," wissen wir nicht, jedenfalls war sie in
Deutschland schon bekannt, als Felix de Verneilh sie in den Annales
archäologiques VII, 57, 225, und VIII, 117 ausführlich nachwies.