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Historische
Einleitung.
eigener Bildung unter den Laien erwacht War, begannen
auch die weltlichen Bauherren und VVohlthäter der Kirchen,
Fürsten, Grosse, städtische Obrigkeiten, selbst mitzuspre-
chen, fanden auch die geistlichen Bauherren die tüchtig-
sten Meister und Werkleute nicht mehr unter ihren Stan-
(lesgenossen, sondern unter den freien, städtischen Hand-
werkern. Die Baukunst ging daher, ohne dem kirchlichen
Einflusse entzogen zu sein, mehr und mehr in die Hände
der Laien über, und wurde von der ganzen Kraft und
Wärme des unter ihnen neu erwachten Lebens durehdrml-
gen. Sie musste überdies dem ganzen Volke verständlich
sein, hatte in gewissem Sinne die Aufgabe, ihm die reli-
giösen Geheimnisse anschaulich zu machen, blieb (laher stets
mit allen Klassen im VVechselverkehr. Sie stand in der
Mitte des Lebens, Wo alle Richtungen und 'l'hätigkeiteu
zusammenflosseil und verschmolzen. Die ritterliche Poesie
und die Scholastik bilden gewissermaassen die Pole des
ganzen reich und breit eiltwickelteil Daseins; jene überwie-
gend Gefühl und Phantasie, diese eben so entschieden ab-
stracter Verstand. Die Architektur stand beiden gleich
nahe. Sie ging zwar von religiösen Empfindungen, nicht
von dem persönlichen Selbstgefühl aus, das in der ritter-
lichen Dichtung herrschte. Aber auch die religiösen En1-
pündilngen hatten vom Beginne dieser Epoche an eine
Färbung angenommen, welche den ritterlichen Anschauun-
gen sehr nahe stand; in beiden dieselbe Innigkeit, der-
selbe Schwung der Phantasie, derselbe Drang nach per-
sönlicher 'l'hätigkeit und Mitwirkung. Selbst die Geist-
lichen waren von solchen Gefühlen ergriffen, und noch
mehr die Laien, Welche in ihrem Dienste die Bauten lei-
teten. WVar daher auch ein unmittelbarer Einfluss der
Poesie auf die Architektur nicht denkbar, so waren doch
beide einander verwandt. YVährend nun die ßilllküllSt mit