Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

Der 
Dom 
Zll 
Strasburg. 
505 
schon nicht mehr den Kathedralen von Rheims und Amiens, 
sondern den unter Ludwig IX. begonnenen Bauten, na- 
mentlich dem Herstellungsbau von St. Denis. Wie in die- 
sem ist statt des kantonirten Rundpfeilers der vollständige 
Bündelpfeiler auf rautenförmiger Basis und mit hoch hin- 
aufgehenden Diensten des Oberschilies angewendet, und 
das 'l'rif0rium nicht mehr wie in Rheims und Amiens als 
eine isolirte Arcatur, sondern als Anfang des Fenster- 
maasswerkes und mit demselben zusammenhängend vier- 
theilig gebildet. Die deutsche Gothik adoptirt daher das 
Triforium, obgleich unsere einheimischen Traditionen nicht 
darauf hinfiihrten, sogleich in einer späteren Gestalt und 
mit Ueberspringung der Mittelstufen. Auch die Anlage der 
Fenster und die Behandlung des Maasswerks lassen ver- 
muthen, dass unser deutscher Meister seine Studien in der 
Hütte von St. Denis gemacht, und die dort entstandenen 
Formen, unmittelbar und ehe der französische Bau vollen- 
det wurde, an den Rhein verpflanzt hat. Indessen über- 
trilft er sein Vorbild in manchen Beziehungen, namentlich 
in der Ausbildung der Pfeiler und in der Behandlung des 
Blätterschmuckes der Kapitale, auch hat er sein 'l'riforium, 
obgleich er es mit den Fenstern verbindet, nicht wie in 
St. Denis mit durchbrochener Hinterwand gebildet, und so 
dieser unvortheilhaften Neuerung seine Zustimmung ver- 
sagt, dagegen aber demselben durch Hinzufügnng einer Ba- 
lustrade an ihrem Fusse einen neuen und reichen Schmuck 
gegeben. 
Das Langhaus des Freiburger Münsters ist dem des 
Strasburgers überaus ähnlich. Auch hier hatte der Meister 
mit den Dimensionen der älteren östlichen Theile zu käm- 
pfen und setzte sich mit denselben ganz so auseinander, 
wie es in Strasburg geschehen war; er gab nämlich den 
Seitenschiffen mehr als die Hälfte der beibehaltenen Mittel-
	        
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