Die
hessische
Schule.
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Marburg, man sieht sogar, dass die Bauleute hier an Ort
und Stelle Erfahrungen und Fortschritte gemacht haben.
Dass die Thürme fehlen und der Chor und dem entspre-
chend die Kreuzarme nicht wie in der Elisabethkirche po-
lygonfönnig, sondern rechtwinkelig geschlossen sind, er-
klärt sich schon aus der Sitte des Ordens und gestattet
daher keinen Schluss auf das Zeitverhältniss beider Bauten.
Der
Einfluss
dieser
Schule
erstreckte
sich
sehr
bald
über
die
Gränzen
V01]
Hessen
hinaus.
Die
Stiftskirche
Zll
Wetzlar, deren Thurmanlage und Westportal aus früher
romanischer Zeit stammen, lässt im Chore erkennen, dass
der im Uebergangsstyle begonnene Bau während der Ar-
beit in gothischer "Weise fortgeführt und mit Maasswerk-
fenstern und tiefer unterhöhlter Prolilirung versehen, wäh-
rend das Langhaus sofort im Style der Elisabethkirche
und mit gleichhohen Schiffen angelegt wurde Die
Kirche zu Geissnidrla in der WVetterau, welche zwar
niedrige SeitenschiHe, aber theilweise wenigstens Pfeiler
von ähnlicher Bildung hat wie die Marburger Kirche, zeugt
von dem Einflusse, den diese hier auf einen im Uebrigen
noch im Uebergangstyle ausgeführten Bau ausübte der].
Auch in VVestphalen weist das früheste Beispiel go-
thischezl Styles auf die hessische Schule hin. Es ist dies
die reizende St. Nicolai-Kapelle zu Ober-Mars-
bergf-äilig), im südlichsten Theile Westphalens, auf hohem
Berge gelegen, von dem man die Spitzen der hessischen
Gebirge in ziemlicher Nähe sieht. Der Chor, geradlinig
geschlossen, hat Eckpfeiler mit rechtwinkeligen Auskan-
Vgl. Kugler kl. Sehr. II, 165.
H] Gladbach, Ports. von Moller's Denkm.
s") Lübke a. a. O. S. 233, Taf. 17 und
Taf.
15.
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