Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

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Früheste 
gothische 
Bauten 
in 
Deutschland. 
den früher beschriebenen romanischen Kirchen in und um 
Köln und an der Kathedrale von Tonrnay hing diese An- 
ordnung mit dem Centralisationsgedanken zusammen, wel- 
cher Chor und Kreuz zu einer um die Kuppel gelagerten 
Gruppe verbinden wollte. Davon ist hier aber keine Spur; 
ein schwaches Thürmchen, ein sogenannter Dachreiter, be- 
zeichnet den Kreuzungspunkt und das ganze Gebäude er- 
streckt sich hinter den Thürmen der Westseite in läng- 
licher Gestalt und ununterbrochener Höhe. Der Grund, 
welcher den Meister bestimmte, muss daher ein anderer 
gewesen sein; vielleicht darf man annehmen, dass er den 
Abschluss des Ganzen durch polygone Nischen, wie ihn 
die französische Architektur in ihrem Kapellenkranze hatte, 
kannte, und etwas Aehnliches, aber ohne so weitschich- 
tige Anlage, zu erlangen suchte. Jedenfalls gab diese 
Anordnung, wie in der 'l'rierer Kirche, wenn auch in an- 
derer Weise, eine Verschmelzung der französischen Ni- 
schenbildung mit dem deutschen Chorschlusse ohne Um- 
gang. Ungeachtet aller Uebereinstimmung mit der Lieb- 
frauenkirche kann man indessen nicht annehmen, dass beide 
von demselben Meister herstammen. Die Details sind an- 
dere, das Ganze athmet hier einen strengeren Charakter; 
der Meister ist sich des Princips der gothischen Kunst in 
vollem Maasse bewusst, er weicht aber in der Anwen- 
dung desselben noch mehr von der französischen Weise 
ab, als der Trierer. Grossentheils entstanden diese Ab- 
weichungen durch die Anordnung gleichhoher Schiffe, 
Welche hier vermuthlich nach dem Vorgange der westphä- 
lischen Schule angenommen wurde; der kantonirte Rund- 
pfeiler erhielt dadurch sofort eine andere Bedeutung, er 
wurde die einzige, unmittelbare Stütze der Gewölbe, hing 
mit keiner Oberwand,'mit keinem auf sein Kapitäl zu stel- 
lenden Gewölbdienste zusammen. Das Kapitäl wurde zu
	        
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