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Früheste
gothische
Bauten
in
Deutschland.
berühmte St. Elisabethkirche zu Marburg welche
zwar erst 1283 vollendet, aber schon 1235 unmittelbar
nach der Heiligsprechung der verehrten Fürstin mit dem
Chore angefangen wurde und, geringe Verschiedenheiten
abgerechnet, so sehr wie aus einem Gusse gebildet ist,
dass ihr ein festgestellter Plan oder die Wirksamkeit einer
durch einen hervorragenden Meister gestifteten Schule zum
Grunde liegen muss. Ihre Anlage ist nicht wie die jener
Frauenkirche eine ungewöhnliche; sie sollte nicht das Ne-
bengebäude eines mächtigen Domes, sondern eine selbst-
ständige, einer einheimischen, hochverehrten Heiligen ge-
widmete Kirche sein. Sie hat daher die herkömmlichen
Theile, ein dreischiffiges Langhaus, Kreuzarme und Chor,
alles aber mit manchen Neuerungen. Die Schiffe des Lang-
hauses sind gleicher Höhe, die Kreuzarme schliessen dem
Chore gleich mit polygonförmigen, durch fünf Seiten des
Zehnecks gebildeten Nischen. Es ist also eine Hallen-
kirche, die erste des gothischen Styles, verbunden mit einer
Choranlage kleeblattartiger Form; in einer Weise, wie sie
im gothischen Style, selbst an der Kathedrale von Noyon,
noch nicht vorgekommen war. Die Verhältnisse sind
durchaus regelmässig; die SeitenschiEe von halber Breite
des Mittelschiffes, die Höhe des letzteren unter dem Ge-
Wölbe der gesammten Breite gleich. Die Pfeiler, sechs auf
jeder Seite, sind wie in Trier cylindrischen Kernes mit vier
angelegten Halbsäulen, aber ohne Schaftring; die Kapitäle
wie dort schmale Kapitälgesimse mit freiem, sich ablösen-
dem Blattwerk. Zwei Reihen mässig grosser, zweithei-
liger, mit einem einfachen Kreise über den inneren Bögen
verzierter Fenster ziehen sich um das ganze Gebäude um-
her. Die Kreuzgurfen der Gewölbe sind schon nach go-
Vgl.
t] Bekanntlich in Moller's Denkmalen
auch Kugler k]. Sehr. II, 161.
II vortrefflich
Band
edirt.