Einfluss
der
Liebfrauenkirche.
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Um 1243 War, wenigstens nach überlieferter und wahr-
scheinlicher Annahme, der 1227 angefangene Bau der
Liebfrauenkirche beendet, ohne dass bis dahin in der Rhein-
provinz ein anderer bedeutender Neubau im neuen Style
begonnen war. Wohl aber können wir an näheren und
entfernteren Stellen bemerken, wie zu bereits in romani-
scher Weise angefangenen Bauten Schüler der 'l'rierer
Hütte hinzugetreten sind, welche nun in mehr oder we-
niger umfassender Weise das dort Erlernte zur Geltung
brachten. Seln auffallend erscheint dies an der benach-
harten Klosterkirche zu Offenbach am Glan, deren Bau
am Ende des zwölften oder am Anfange des dreizehnten
Jahrhunderts in romanischer Weise begonnen, aber unter-
brochen War, und nun später von den im neuen Style ge-
bildeten Werkleuten so rücksichtslos fortgesetzt wurde,
dass sie auch solche Bögen, die schon in romanischer
Proülirung angefangen Waren, in gothischer beendeten
Die Gewölbrippen, Fensterbildimgcn und Strebepfeiler des
Kreuzschiffes und Chores lassen keinen Zweifel, dass diese
Werkleute aus der Hütte zu Trier hervorgegangen waren.
Ebenso finden wir dieselbe Schule an entfernteren Orten
des
Mosel-
und
Rheinthales.
In
der Stiftskirche zu
Car-
den, wo der Chor und das Kreuzschiff zwar mit spitz-
bogigen Arcaden und Gewölben, aber sonst in romanischer
Weise errichtet waren, hat das Langhaus, obgleich ge-
wiss eine unmittelbare Fortsetzung des Baues, kantonirte
Rundsäulen mit Blattkapitälen und hoch hinaufgehendem
Mitteldienste, und dabei an den noch in schwerer Form
angelegten Scheidbögen einzelne birnförmige Profile; es ist
in der That schon gothisch, wenn auch noch mit roma-
irischer Haltung. Aehnlich, aber viel edler und bedeutender
und zugleich von stärkerem Einliuss der Liebfrauenlairche
Schmidt a.
Lief.