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Früheste
gothische
Bauten
in
Deutschland.
genügend zu stützen, Studien des französischen Strebe-
systems und dadurch auch die Aufnahme der hohen Maass-
werkfenster veranlasst.
Während die bisher erwähnten Gebäude ungeachtet
mancher Einzelheiten des gothischen Styles das Gepräge
des deutschen Uebergangsstyles tragen, dessen Mannigfal-
tigkeit durch diese neuen Elemente nur vermehrt wird,
nahmen die Dinge nun eine andere Gestalt an. Es fanden
sich Meister, welche nicht bloss Einzelnes, sondern die
tiefere Bedeutung des neuen Systems aufgefasst hatten und
zur Geltung brachten. Noch in demselben Jahre 1227, in
welchem das Kuppelgewvölbe von St. Gereon geschlossen
wurde, begann der erste Bau in wirklich gothischem Style,
die Liebfrauenkirche in Trier. Der gesteigerte Ma-
riencultus dieser Zeit begnügte sich nicht damit, der hei-
ligen Jungfrau Altäre in den bestehenden Kirchen zu er-
richten oder ihr diese Kirchen selbst zu widmen, sondern
verlangte eigene Gebäude für ihren aussehliesslichen Dienst,
Welche dann neben den Weiten und ernsten Hallen der
Hauptkirche als besondere Kapellen oder kleinere Kirchen
errichtet und ihrem Zwecke gemäss möglichst anmuthig
und reich ausgestattet Wurden. Eine solche wurde nun
auch dem alten Dome zu Trier, den wir als eine Stätte
fortdauernder lebendiger Bauthätigkeit schon kennen gelernt
haben und der uns schon feste Daten für den Beginn und
die weiteren Fortschritte des Uebergangsstyles gewährt
hat, angefügt In England und Frankreich pflegte man
g) Schmidt, a. a. O. Lief. 1, dessen Text und Abbildungen hier
überall als Quelle gelten, nimmt S. 13 auf die Autorität der Heraus-
geber der Gesta Trevirorum an, dass die Liebfrauenkirche nur eine
Erneuerung einer älteren Marienkirche auf derselben Stelle sei. Allein
die Urkunde vom Jahr 1243, auf welche sich diese Annahme stützt,
rechtfertigt sie nicht. Der Erzbischof von Köln bewilligt in derselben
die Sammlung von Beiträgen für die ecclesia beate Marie Virginis glo-