Domchor
Zll
Magdeburg.
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hergebrachten Details sind in grösster Vollendung und mit
Liebe ausgeführt, namentlich die Kapitäle am Umgange
des Chores von ausgezeiclmeter Schönheit. Daneben aber
bemerken wir Spuren ungewöhnlicher Studien, der Eier-
stab und die Akanthusblätter, welche an Kapitälen und
Gesimsen vorkommen, verrathen eine nähere Kenntniss
antiker Formen; auch ist der Spitzbogen schon durchgän-
gig selbst an den Fenstern angewendet. Völlig abwei-
chend aber von allen deutschen Traditionen ist die Anlage
des mit einem Umgange und Kapellenkranze versehenen
Chores. Selbst der blosse Umgang War bisher in Deutsch-
land nur ausnahmsweise und meist unter Umständen vor-
gekommen, welche eine besondere Veranlassung vermuthen
lassen; so schon sehr frühe an der Kapitolskirche zu Köln,
später an der Cistereienserkirche zu Heisterbach und am
Dome zu Basel. Für die Anlage eines Umganges mit
Kapellen war bisher die St. Godehardskirche zu Hildesheim
das einzige, unbefolgt gebliebene Beispiel, und auch hier
sind nur drei vereinzelte Kapellen angebracht Der
Magdeburger Dom hat dagegen den geschlossenen Kranz
von fünf radianteil Kapellen, und zwar in sehr ähnlicher
Weise wie an den gleichzeitigen französischen Kathedralen;
der innere Chorschluss den Kapellen entsprechend fünf-
seitig, die Kapellen dreiseitig, über dem Umgange eine
Gallerie und an dieser ausgebildete, von einem Satteldach
bekrönte Strebepfeiler. Die Anlage hat namentlich eine
grosse Verwandtschaft mit dem Chore der Kathedrale von
Soissons, der in Frankreich zuerst vbn der bisher üblichen
halbkreisförmigen Anordnmig des oberen Chores und der
Kapellen abwich, und bei welchem dieselben Polygone wie
am Magdeburger Dome, nämlich das Zehneck und Achteck,
zum Grunde gelegt sind. Da der Chor dieser Kathedrale
1') Vgl. den Grundriss Bd. IV, Abth. 2, S. 80.