Mischung
der
Provinzialismen.
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kloster zu Heilsbronn bei Anspach, an einer kleinen,
aber äusserst zierlichen Nebenkapelle, besonders an ihrem
Portale. Dieses hat im Ganzen noch romanische Anlage
und Decoration; die vier Säulenstämme auf jeder Seite sind
nach dem Gesetze rhythmischen Wechsels, das wir schon
sonst an romanischen Portalen kennen gelernt haben, theils
glatt, theils reich verziert, die Kapitäle schlanke Würfel;
von den vier Archivolten ist um die äussere als Rundstab
dem Säulenstamme gleich gebildet, während die anderen
die sächsische Auskerbung der Ecken mit dem Ablaufe
haben. Dabei aber sind die stark verjüngten schlanken
Stämme durch wohlgegliederte Ringe getheilt und die Thür-
öifnung steigt kleeblattförmig in das Bogenfeld hinein. Die
Kapelle selbst hat einfache rundbogige Fenster, aber schon
Wirkliche Strebepfeiler mit Wassersehlägen und Gesimse
mit tiefen Auskehlungen, so dass wir das kleine Gebäude
gewiss nicht früher als um 1230 datiren können d).
S0 sehen wir denn etwa um 1230 die Tradition des
romanischen Styles und mit ihr die localen 'l'raditi0nen der
einzelnen Provinzen in allen Theilen Deutschlands gründlich
gebrochen. Zwar verschwanden die Reminiscenzen an diese
architektonische Vergangenheit nicht ganz; wir haben schon
gesehen, wie der Meister der goldenen Pforte in Freiberg
ihnen in bewusster Weise und mit Benutzung gothischer
Formen huldigte. Aber es war dies hier und in anderen
Fällen doch nur eine individuelle Geschmaeksäusserung,
nicht die Folge bleibender und unbeschränkter Herrschaft
des Herkommens. Zwar blieben Verschiedenheiten beste-
hen; die Bauten des Ziegelbaues, der Rheinlande und West-
phalens behielten nach immer ein charakteristisches Gepräge.
Aber es War doch eine grössere Einheit angebahnt; wie
m) Auch die um 1238 erfolgte Herstellung der Vorhalle zu Fritzlar
111 Hessen (oben S. 444) hat den rheinischen Uebergangsstyl adoptirt.
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