Spitzbogige
Arcaden.
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Bögen und Fenstereinfassmigen aus Werkstücken, die
Mauern aber dort aus Ziegeln, hier aus unregelmässigen
Bruchsteinen von Thonschiefer, mithin aus Materialien,
Welche eine solidere Gestaltung der Arcaden wünschens-
werth machten. Jene ist, ungeachtet der alterthümlichen
Anlage wechselnder Pfeiler und Säulen, nicht eher als im
Anfange des dreizehnten Jahrhunderts erbaut, da die Pfarrei
selbst erst 1198 errichtet wurde. Diese gehört zu den
Kirchen, welche man, weil das Kloster schon im zehnten
Jahrhundert gegründet war und Nachrichten über einen
Neubau fehlen, als Beweise frühzeitiger Anwendung des
Spitzbogens anführte. Allein die Bildung der Pfeiler mit
anliegenden Halbsäulen unter den Scheidbögen, die poly-
gonförmigen Nischen des Chores und der Kreuzarme, die
künstliche Form des Rundbogenfrieses und selbst die Ge-
stalt der Kelchkapitäle lassen, auch abgesehen von dem
Gebrauche des Spitzbogens, keinen Zweifel übrig, dass
der ganze Bau nicht eher als frühestens am Ende des
zwölften Jahrhlmderts entstanden ist
Bei Puttrich a. a. O. wird darauf Gewicht gelegt, dass das
Kloster schon seit 1015 verarmt und der Abtei Hersfeld einverleibt
war, und dass diese Verarmung auch im dreizehnten Jahrhundert fort-
gedauert zu haben scheine, weil es in den Jahren 1202, 1244 u. s. f.
Güter verkaufte, wobei in einer Urkunde von 1250 einer drückenden
Schuldenlast Erwähnung geschieht. Allein es fragt sich, ob diese
Schuldenlast nicht eben durch den Bau entstanden war, der keines-
Wßges von Ueppigkeit zeugt und ungeachtet der dürftigen Verhältnisse
des Klosters unvermeidlich gewesen sein mochte. Die an den Pfeilern
befindlichen Gemälde sind unzweifelhaft aus der Spätzeit des dreizehn-
für! Jahrhunderts. Ausser den bereits erwähnten Kirchen zu Naumburg,
Basel, Bamberg, Memleben und Nürnberg nennt Dr. R. Lepsius in der
oben angeführten Abhandlung als Beweis der frühen Anwendung des
Spitzbogens noch den Dom zu Merseburg und die Pfarrkirche zu
Freiburg an der Unstrut. Beide sind aber mehrfach verändert; die
Kirche zu Freiburg im dreizehnten Jahrhundert (Puttrich, _Abth. II,
Bd. 1), der Dom zu Merseburg in der zweiten Hälfte desselben Jahr-
hunderts, wo im Jahre 1274 für seine reaedificatio gesammelt wurde