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Weitere
Verbreitung
des
Ueberganlgsstyles.
gonalrippen zu verstärken und die abweichenden Höhen-
verhältnisse der verschiedenen Gurten mit Hülfe des Spitz-
bogcns besser auszugleichen. Diese Kenntniss verbreitete
sich bald nach 1'200 mit grosser Schnelligkeit über ganz
Deutschland, und man eilte nun überall, wo bedeutende
Neubauten auszuführen waren, diese Mittel einer solideren
Construction, zunächst noch mit Beibehaltung der roma-
nischen Details soweit sie nicht durch jene Neuerung mo-
dilicirt wurden, in Anwendung zu bringen. Daher finden
wir nun auf den entferntesten Punkten einzelne Kirchen,
welche nicht von einem Muster herstammen, sondern dem
abweichenden Herkommen ihrer Provinzen gemäss ver-
schieden sind, aber doch sämmtlich in Hinsicht auf Wöl-
bungsart und Verbindung runder und spitzer Bögen über-
einstimmen. Sie haben alle quadrate Gewölbe, gegliederte,
aber noch aus dem Rechteck entwickelte Pfeiler, spitze
Seheidbögen und Gewölbe, aber rundbogige Portale und
Fenster. Der VVürfelknauf ist meistens verlassen, und bald
durch ein einfaches Polstergesimse, bald durch ein Kelch-
kapitäl mit flachen Rankenversehlingungen oder knospen-
förmigem Blattwerk ersetzt. Der Bogenfries und die Fries-
ornamente des alten Systems sind beibehalten, die Gesimse
eckig oder als Rundstab prolilirt, ohne Spur der feineren
Ilöhlungen des gothischen Styles; das Fenstermaasswerk
ist unbekannt. Leider fehlt es bei vielen dieser Bauten an
festen Daten; sie sind älterer Stiftung, und die Nachrichten
über ihren Um- oder Neubau fehlen oder sind mangelhaft.
Daher hat man sie wohl auf jene Stiftnngszeiten zurück-
führen und die Kenntniss des Spitzbogens in Deutschland
in eine sehr frühe Zeit verlegen wollen Dieser An-
Diese Hypothese ist besonders ausgeführt in einer Jugend-
arbeit des Dr. R. Lepsius, der sich später durch seine Forschungen
auf dem Gebiete ägyptischer Kunst und Chronologie berühmt ge-