Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

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Historische 
Uebersicht. 
Welches das Haar an Stirn lmd Gesicht unbedeckt liess 
und frei auf den Schultern herabfiel. Die Pracht des 
Kirchendienstes und der öffentlichen Feste wurde zwar ge- 
steigert, die Fürsten waren bei ihren Aufzügen von grösse- 
rem Trosse von Reissigen und Bossen begleitet, sie um- 
gaben sich zuweilen mit einer schon gleich gekleideten 
und bewaffneten Mannschaft; man liebte geräuschvolle Freu- 
den, reich besetzte, stark gewürzte Mahlzeiten, bunte 
Pracht. Aber diese Lust befriedigte sich bei Gelegenheit 
öffentlicher Feier; im Inneren des Hauses herrschte noch 
sehr einfache, strenge Sitte. Die Kirchen und Klöster 
wurden grösser und mit vermehrtem architektonischem 
Schmucke errichtet, die iVohnungen blieben enge und 
niedrig, die häuslichen Bequemlichkeiten beschränkten sich 
auf das Nothwendige, die Bedürfnisse waren sehr be- 
scheiden. Alle Stände waren noch unverwöhnt und von 
ungeschwächter Kraft. Die Ritter, in ihrem Kriegs- und 
Wanderleben auf Entbehrungen angewiesen, waren über- 
dies von den Pflichten ihres Berufes noch zu sehr erfüllt, 
um sich auf ihren Bilrgen einer weichlichen Lebensweise 
hinzugeben; auch fehlten ihnen die Mittel, um sich Ge- 
nüsse, welche das eigene Land nicht bot, zu verschaffen. 
Der Bürgerstand war erst im Entstehen und fühlte die 
Aufgabe, seinen Reichthum durch Sparsamkeit zu begründen. 
Die reichen Kaufherren versuchten es wohl schon sich den 
Rittern gleich zu stellen, aber ihr Luxus erstreckte sich 
dann auch nur auf Waffen und Pferde, nicht auf üppige 
Lebcnsgenüsse oder auf häusliche Bequemlichkeiten. Ich 
werde später Gelegenheit haben zu zeigen, wie gering in 
dieser Beziehung selbst in Italien, dem civilisirtesten Lande, 
die Ansprüche waren. Auch komite es nicht fehlen, dass 
der durch den neu gegründeten Orden der Cistercienser 
eifrig angeregte Geist ascetischer Enthaltsamkeit auf die
	        
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