Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

Einfluss 
des 
frühgothischen 
Styles. 
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man gab vielmehr dem Mittelschiffe eine mässige Höhe, so 
dass sein Gewölbe durch das Halbgewölbe der Seitenschiife 
hinlänglich gestützt wurde. Mit den Gallerien fiel auch der 
Säulenschmuck der Pfeiler fort, sie erhielten einfach vier- 
eckige Gestalt, selbst die Gewölbdienste wurden aus Spar- 
samkeit meist nicht bis zum Boden geführt, sondern auf 
Consolen gestützt. Die Kapitale erhielten die zweckmäs- 
sige Bildung schlanker Kelche, aber ohne Blattwerk. Die 
Fenster durften nicht allzugross sein, da ihnen Glasmalerei 
versagt war; man bildete sie anfangs rundbogig, dann 
auch lancetförmig, sehr häufig aber in Kreisgestalt. Man 
suchte Alles auf das Nothwendige zu reduciren, die über- 
flüssige Fülle der Glieder, welche der frühgothische Styl 
aus dem romanischen überkommen hatte, zu vermeiden, 
und erhielt eben dadurch schlanke Formen, welche von 
selbst schon eine gewisse bescheidene Eleganz hatten. 
Manche Eigenthümlichkeiten gingen dann aus bestimmten 
Sitten des Ordens hervor. Der Grundplan besteht fast 
immer aus einem dreischifiigen Langhause von ziemlich 
beträchtlicher Ausdehnung, einem Kreuzschiliie ohne N eben- 
schiffe, aber mit mehreren Kapellen auf der Ostseite, einem 
Wenig heraustretenden Chorraume, der aber sehr wech- 
selnde und häufig sehr eigenthünnliche Anlage hat. Aus 
einer gelegentlichen Nachricht erfahren wir, dass die Mönche, 
nicht vermöge bestimmter Vorschrift, sondern aus einem 
zur Sitte gewordenen Bedürfnisse, sich nach vollbrachtem 
Chordienste einzeln vor den Altären niederzuwerfen, zu 
entblössen und zu züchtigen pflegten ü). Dies konnte nicht 
m) Caesarius von Heisterbach, a. a. O. I, S. 29, erzählt die Bekeh- 
rung eines Domherrn von Köln, der im Kloster Campen gesehen habe, 
wie die Mönche, alte und junge, ad diversa discurrentes altaria ad 
disciplinas suscipiendas nudabant dorsa sua, confitentes humiliter pec- 
cata sua. Mit dieser Sitte mag es auch zusammenhängen, dass diese 
Kapellen meistens sehr niedrig und schlecht beleuchtet sind. Der Ver- 
V. 27
	        
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