Einfluss
des
frühgothischen
Styles.
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man gab vielmehr dem Mittelschiffe eine mässige Höhe, so
dass sein Gewölbe durch das Halbgewölbe der Seitenschiife
hinlänglich gestützt wurde. Mit den Gallerien fiel auch der
Säulenschmuck der Pfeiler fort, sie erhielten einfach vier-
eckige Gestalt, selbst die Gewölbdienste wurden aus Spar-
samkeit meist nicht bis zum Boden geführt, sondern auf
Consolen gestützt. Die Kapitale erhielten die zweckmäs-
sige Bildung schlanker Kelche, aber ohne Blattwerk. Die
Fenster durften nicht allzugross sein, da ihnen Glasmalerei
versagt war; man bildete sie anfangs rundbogig, dann
auch lancetförmig, sehr häufig aber in Kreisgestalt. Man
suchte Alles auf das Nothwendige zu reduciren, die über-
flüssige Fülle der Glieder, welche der frühgothische Styl
aus dem romanischen überkommen hatte, zu vermeiden,
und erhielt eben dadurch schlanke Formen, welche von
selbst schon eine gewisse bescheidene Eleganz hatten.
Manche Eigenthümlichkeiten gingen dann aus bestimmten
Sitten des Ordens hervor. Der Grundplan besteht fast
immer aus einem dreischifiigen Langhause von ziemlich
beträchtlicher Ausdehnung, einem Kreuzschiliie ohne N eben-
schiffe, aber mit mehreren Kapellen auf der Ostseite, einem
Wenig heraustretenden Chorraume, der aber sehr wech-
selnde und häufig sehr eigenthünnliche Anlage hat. Aus
einer gelegentlichen Nachricht erfahren wir, dass die Mönche,
nicht vermöge bestimmter Vorschrift, sondern aus einem
zur Sitte gewordenen Bedürfnisse, sich nach vollbrachtem
Chordienste einzeln vor den Altären niederzuwerfen, zu
entblössen und zu züchtigen pflegten ü). Dies konnte nicht
m) Caesarius von Heisterbach, a. a. O. I, S. 29, erzählt die Bekeh-
rung eines Domherrn von Köln, der im Kloster Campen gesehen habe,
wie die Mönche, alte und junge, ad diversa discurrentes altaria ad
disciplinas suscipiendas nudabant dorsa sua, confitentes humiliter pec-
cata sua. Mit dieser Sitte mag es auch zusammenhängen, dass diese
Kapellen meistens sehr niedrig und schlecht beleuchtet sind. Der Ver-
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