Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

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Norddeutschland. 
darauf hingefiihrt, auch ganze Wände in ähnlicher Weise 
zu verbinden. Auch der Spitzbogen sagte dem Material 
zu; die gebrochene Linie ist in Ziegeln leichter herzustellen, 
als die kreisrunde. Endlich kam der Backsteinbau ganz 
von selbst auf ein Vorherrschen des Verticalen, weil er 
bedeutende Ansladungen nicht gestattet, und weil die na- 
türliche Horizontallinie mächtiger Steinlagen ihm fehlt. 
Aber freilich unterschied sich dieser Uebergangsstyl sehr 
wesentlich von dem der westlichen Gegenden. Er war 
nicht der Nachfolger geschmückter romanischer Formen, 
er hing nicht mit dem Bestreben nach Mannigfaltigkeit und 
Zierde zusammen, er behielt den strengen Charakter der 
bisherigen rundbogigen Bauten bei, steigerte denselben sogar 
durch den spröden Ausdruck des schlichten Spitzbogens. 
Neben der Eigenthümlichkeit des Materials hatte aber 
auch der Charakter der Einwohner und die Gestaltung der 
Verhältnisse einen wesentlichen Einfluss auf die architek- 
tonischen Formen. Die deutschen Kolonisten, Welche sich 
in diesen wendischen Marken niederliessen und die Ein- 
geborenen entweder verdrängten oder mit sich verschmol- 
zen, kamen meistens aus Niederdeutschlaxxd, aus Holland, 
Westphalen oder aus den früher kolonisirten Gegenden 
zwischen der Weser und Elbe; sie brachten daher den 
schlichten und nüchternen Sinn des niederdeutschen Stam- 
mes mit sich, dessen Einwirkung auf die Architektur wir 
in Westphalen kennen gelernt haben, und bildeten ihn 
durch ihre Eigenschaft als Ansiedler, die vor Allem auf 
das Nützliche und Zweckmässige bedacht sein mussten, 
noch mehr aus. Dazu kam aber noch, dass diese Nieder- 
lassungen einen völlig militärischen Charakter hatten. Der 
Markgraf trat nicht mit den bedingten, allmälig und privat- 
rechtlich erworbenen Rechten auf, wie die Landesherren in 
den inneren Provinzen Deutschlands; er war mit militäri-
	        
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