Ausbildung
der
Hallenkirche.
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Weise wie an der früher beschriebenen Dorfkirche zu
Melverode bei Braunschweig findet. Endlich kam man auf
den Gedanken, den Seitenschiffen, abweichend von dem
bisherigen Gebrauche, fast gleiche Breite mit dem Mittel-
schiffe zu geben, wodurch man in ihnen Gewölbe erhielt,
welche bei fast quadratischer Form mit Hülfe des Spitz-
bogens ohne Schwierigkeit fast dieselbe Höhe erlangten
wie die des Mittelschiffes. Wahrscheinlich kam man auch
auf dieses Auskunftsmittel zuerst nicht bei Neubauten, son-
dern bei Herstellungen älterer Kirchen, WO man durch
Hinausrücken der Seitenwände bis an die Vorderseite des
Kreuzschilfes zugleich eine Vergrösserung des Flächen-
raumes und die Erleichterung der Gewölbanlage erlangte.
Diese Art der Erweiterung hat namentlich an der Stifts-
kirche zu Ober-Marsberg im Jahre 1233 i] und, wahr-
scheinlich etwas früher, an der Münsterkirche zu Herford
stattgefunden, an welcher letzten die mannigfaltigen Wöl-
bungsarten und Fensterformen sehr augenscheinlich zeigen,
dass der Meister seiner Sache nicht sicher war und Ver-
suche
anstellte.
Indessen gab man sehr bald auch bei neuerbauten Kir-
chen den Seitenschiffen eine grössere, der des Mittelsehilles
sich annähernde Breite. So in der Klosterkirche zu Bar-
singhausen am Deister, bei welcher das Stiftungsjahr 1203
überliefert ist, in der Kirche zu Methler und einigen an-
deren kleineren Kirchen in der Gegend von Dortmund, und
endlich in der schönen, leider jetzt fast unrettbar verfal-
lendeu Stiftskirche St. Marien zu Lippstadt, deren Fen-
ster zwar auf eine etwas spätere Zeit hinweisen, deren
Pfeiler und Grundmauern aber schon gleich nach der V oll-
Ü G. Becker theilt im D. Kunstbl. 1855, S. 141 eine [sowohl
Lübke als mir selbst entgangene) Inschrift mit, nach welcher die Kirche
nach einem Brande von 1230 drei Jahre darauf hergestellt sei.
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