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Westphälischer
Uebergangsstyl.
Gleichzeitig wurde aber eine Form herrschend, welche
ein sehr entschiedenes Zeugniss für die Richtung auf das
Nützliche und Einfache giebt, der rechtwinkelige Chor-
schluss. Schon in der vorigen Epoche kommt er einige
Male vor, jedoch nur ausnahmsweise neben der halbrunden
Apsis; in der gegenwärtigen bildet er dagegen mit seltenen
Ausnahmen die Regel und wurde so beliebt, dass er aus
dem Uebergangsstyle in den gothischen Styl dieser Provinz
übertragen wurde. Der Grund für die Annahme dieser Form
war wohl schwerlich ein ästhetischer; man zog sie viel-
mehr vor, weil man eine durchgängige Ueberwölbung
haben wollte imd die Schwierigkeiten scheute, Welche die
runde oder polygone Apsis für eine solche verursachte.
Aber immerhin zeigt die Wahl dieses Mittels und das
Beharren "bei dieser Form, dass man an ihrer nüchternen
Erscheinung nicht Anstoss nahm. In einigen Fällen wusste
man indessen diese schlichten Chorwände sehr anmuthig
und constructiv richtig zu behandeln. Man versah nämlich
die drei Wände des viereckigen Chorraums mit mehr oder
weniger reich gegliederten Wandarcaden, über deren Ge-
sims je ein oder mehrere Oberlichter standen. Dies gab
denn die Veranlassung, dass man die Wand oberhalb des
Gesimses verjüngte und mit einer davor gelegten Gallerie
versah. S0 findet es sich sehr schön und belebt in den
,Domen von Osnabrück und Minden gegen Ende des
zwölften oder vielleicht am Anfange des dreizehnten Jahr-
hunderts. Sie beide übertrifft an edler Form und Zweck-
mässigkeit der Chor des Domes zu Münster. Er ist
nämlich ausnahmsweise nicht rechhvinkelig, sondern mit
fünf Seiten aus dem Zwölfeck geschlossen und von einem
niedrigen Umgange begleitet. Dadurch erhält dann die
auch viel reicher gebildete Gallerie, welche sich durch die
aufsteigenden Pfeiler durchzieht, eine höhere Bedeutung