Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

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Rheinlande. 
minder sorgfältig behandelt wurden. Aber sie hatten dabei 
nicht wie die französischen Meister vorzugsweise die Con- 
struction und Haltbarkeit, sondern mehr die malerische 
Wirkung im Auge; sie verfolgten auch nicht den con- 
structiven Gedanken mit strenger Consequenz und gemein- 
samer Arbeit, ihre Neigmig war vielmehr wie die der 
sächsischen Meister eine decorative, nur dass sie dieselbe 
mehr im Ganzen und Aeusseren, als durch die Präcision 
und Feinheit des plastischen Schmucks im Innern befrie- 
digten. Diese Richtung war ebensosehr durch die bishe- 
rige Baugeschichte als durch den Nationalcharakter dieser 
Gegenden bedingt. Sie hatten nicht wie die franzäsischen 
Meister ein durchaus Neues zu schaffen, sie hatten viel- 
mehr eine architektonische Vergangenheit, an der sie mit 
Vorliebe hingen, und mussten die in dieser gegebenen 
Motive zuerst vollständiger entwickeln, ehe sie sich Neuem 
zuwenden konnten. Der Gewölbebau, von dem sie aus- 
gingen, gewährte keine Stellen, welche zu sorgfältiger, 
plastischer Ausarbeitung geeignet waren; an den hochge- 
legenen Kapitälen würde sie verschwendet, an der mit 
mächtigen Pfeilern verbundenen Basis unpassend gewesen 
sein. Die Rheinländer brauchten grosse, massenhafte Ge- 
bäude, welche neben ihren Bergen an den Ufern des mäch- 
tigen Stromes noch bedeutend erschienen; sie waren auf 
eine Behandlung angewiesen, Welche auch in der Ferne 
wirkte, sie suchten das Malerische in der Architektur und 
hatten Weder Beruf noch Geduld zu der langsamen und 
sauberen Ausarbeitung unscheinbarer Einzelheiten. Aber 
sie waren doch zu sehr Deutsche, um ihre individuelle 
Neigung und das Wohlgefallen an der Neuheit des Schmu- 
ckes der Consequenz eines durch gemeinsames Streben zu 
erlangenden Systems zu opfern. Aus allem diesem ent- 
standen Gebäude, Welche nicht mehr romanisch Waren, aber
	        
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