Kloster
Neuwerk
in
Goslar.
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Im Vergleich mit den grossen rheinischen Domen haben
diese Gewölbebantexr d") mässige Verhältnisse, selbst der
Dom zu Braunschweig übertrifft an Mittelschiffbreite und
Gewölbhöhe die Maasse der Kirche von Paulinzelle und
der lllichaeliskirche in Hildesheim nur um Weniges. Noch
mehr aber entbehren sie des Schmuckes und sind schlichter
und einfacher, als selbst die früheren Kirchen von Heck-
lingen und Hamersleben. Es scheint, dass man beim Fort-
fallen der grosseil Würfelkapitäle keine andere, für pla-
stische Ornamentation geeignete und dem Wölbungssysteme
entsprechende Stelle fand, oder dass man Aufmerksamkeit
und Geldmittel auf die neue constructive Aufgabe verwen-
dete und ihr das Decorative opferte. Jedenfalls bestanden
in dieser Zeit hier zwei Systeme nebeneinander, von denen
das eine die alte, minder dauerhafte Strnctur mit reichem
Schmucke, das andere den Gewölbebau mit grösserer Ein-
fachheit verband. Indessen währte dies nicht lange. Die
Neigung zu reicher Ornamentation war ebensowenig zu-
rückzudrängen, wie die nach der schützenden Wölbung,
und man suchte bald "beides zu verbinden. Ein Beispiel
solchen Versuchs giebt schon das ebengenannte Kloster
Neuwerk, wo der Baumeister sogar auf den Einfall kam,
Grabsteine der Gründer, des Volkmar von Wildenstein und seiner Ehe-
frau, ist angegeben, dass sie circa annos M00. geblüht hätten. Die
Kirche war übrigens, wie man an mehreren Spuren sieht, ganz bemalt.
Zu den früheren Gewölbebauten in Sachsen möchte vielleicht
die St. Ulrichskirche zu Sangerhausen gehören, deren Stiftungszeit
(1083) ohne Zweifel nicht (wie bei Puttrich Serie Eisleben geschieht)
auf den jetzigen Bau und dessen Wölbung zu beziehen ist. Die kreuz-
förmigen starken Pfeiler sind, wenn man nach den Abbildungen bei
Puttrieh sehliessen darf und sich nicht bei genauerer Untersuchung
des Mauerverbandes eine spätere Verstärkung ergeben sollte, ursprüng-
lich auf Gewölbe berechnet. Die Ornamentation lässt eine Entstehung
in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts vermuthen, der auch
die Wölbung im Mittelschiife nicht widerspricht, während die des
Kreuzbaues mit Spitzbügen und Rippen jünger sein muss.