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Das
östliche
Deutschland.
Endlich finden wir auch noch in Schlesien, am Wei-
testen gegen Nordosten vorgerückt, ein Beispiel dieses de-
corativen Styls, nämlich an dem Prachtportale, welches im
Jahre 1546 von der abgebrochenen Kirche des St. Vincenz-
klosters an die Kirche zu St. Maria Magdalena in
Breslau versetzt ist Es ist von kleinerer Dimension
und besonders von geringerer Breite wie das eben be-
schriebene Portal. Drei Säulen, deren Stämme, mit Aus-
nahme der beiden letzten, mit Rankengewinrlen, Streifen
oder gebrochenen Kannelluren geschmückt sind, stehen auf
jeder Seite; auch die Thürpfosten sind mit Rankengewin-
den bedeckt, welche Medaillons mit phantastischen Gestalten
umschliessen. Die steile attische Basis hat das ausgebil-
dete Eckblatt, die Kapitale sind noch würfelförmig, aber
meist mit abgerundeten Ecken und zwischen Rankenge-
winden überreich mit menschlichen Gestalten, Drachen,
Greifen und Vögeln ausgestattet. Die hohe kräftig profi-
lirte Deckplatte ist dagegen ohne Sculptur. Die Archivolten
Wölben sich, den drei Säulen und den Thürpfosten ent-
sprechend, in vier zurückweichenden Ordnungen und sind
Wiederum reich verziert, besonders die über dem innersten
Säulenpaare, indem sie in sieben Reliefs mit fast zu zwei
Drittheilen heraustretenden Figuren ohne alle 'l'rennung
durch Baldachine oder andere Begränzuiig die Geschichte
Christi von der Verkündigung bis zur Taufe enthält. Die
Wahl dieser ungewöhnlichen Stelle für die Anbringung
des Bildwerks scheint damit zusammenzuhängen, dass
Thürsturz und Bogenfeld fehlen, und die 'l'hüröii'nung den
Bogenranm mit umfasst, so dass die Erbauer auf diese
Weise den Mangel des gewöhnlichen Reliefs im Bogen-
Eine Abbildung desselben in Büsching, Jahrbiicher der Stadt
Breslau von Nikolaus Pol, Bd. III, S. 132; eine ausführliche Beschrei-
bnng bei Dr. Luchs, über einige mittelalterliche Kunstdenkmäler von
Breslau. (Besonderer Abdruck eines Schulprogrammes 1855.] S. 41.