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Das
südliche
Deutschland.
dann an dem Nordportal und besonders an dem phanta-
stischen Kreuzgange des Grossmünsters in Zürich in einer
ihrer glänzendsten Leistungen zeigt In allen diesen
plastischen Werken sind die grösseren menschlichen Fi-
guren roh und steif, die Ornamente dagegen sehr frei und
leicht behandelt.
Auch in Oestreich, das als die Gränzmark gegen die
kriegerischen Ungarn erst spät und spärlich zu architekto-
nischer Blüthe gelangte, sind einige Beispiele solcher Or-
namentation erhalten. Zunächst die Kirche zu Schön-
grabern, deren Chemische im reichen spätrolnanischen
Style und wahrscheinlich erst in den Jahren 1210-1230
erbaut, mit sehr roh gearbeiteten Sculpturen bedeckt ist,
Welche zum Theil unzweifelhaft Gegenstände der heiligen
Schrift, den Sündenfall, das Opfer Abels und Kains, dar-
stellen, zum Theil aber so phantastisch und willkürlich
sind, dass es auch dem scharfen Auge des willigsten For-
schers nicht gelungen ist, ihren Sinn zu errathen tä).
Auch an der romanischen Westfaeade des Stephans-
doms zu Wien finden sich noch einige phantastische
Sculpturen regellos und mit schwachen symmetrischen Be-
Ziehungen eingemauert. Dagegen zeigt das darunter be-
findliche, ursprünglich völlig rundbogige Portal diese süd-
deutsche Neigung für reiche Ornamentation in edelster An-
wendung und bereits unter der Zucht eines weiter ausge-
bildeten Stylgefühls. Das Portal ist, wenn auch an sich
nicht von sehr grossen Dimensionen (die lichte Höhe der
Thiirötfnung bis zum Deckbalken beträgt 14 Fuss, die
4') Abbildungen werden wahrscheinlich in den mir nicht zu Ge-
sichte gekommenen elf Heften: Sammlung Zürcherscher Alterthümer
von Arter, enthalten sein.
"Ü Vgl. Abbildungen und gelehrte Untersuchungen bei Dr. Hei-
der, die romanische Kirche zu Schöngrabern in Nieder-Oesterreich,
1854.