Die
goldene
Pforte
Zll
Freiberg.
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nicht so zarte Rücksicht auf die harmonische Verbindung
ihrer Arbeiten mit den älteren Theilen des Gebäudes zu
nehmen, waren vielmehr meistens so erfüllt und eingenom-
men ton ihrer neuen Kunst, dass sie dieselbe fast absicht-
lich im Contrast zu den älteren Formen geltend machten.
Wir haben daher hier einen augenscheinlichen Beweis,
dass man in diesen Gegenden bewussterweise die roma-
nische Form, wenigstens in der Wesentlichen Anordnung
eines so wichtigen Theiles, der schon bekannten gothischen
vorzog. Ebenso bemerkenswerth ist, wie sehr dies eigen-
thümliche VVerk an antik römische Arbeiten oder doch an
italienische Arbeiten der ersten Renaissance erinnert. Es
ist nicht sowohl Einzelnes, was diesen Eindruck hervor-
bringt. Zwar sind die geradlinigen Kannelluren völlig wie
die der ionischen und korinthischen Säulen, aber der volle
Blätterschmuck der Kapitäle ist nur eine Reminiscenz, nicht
eine vollständige Imitation des korinthischen Kapitäls, und
alles Uebrige, was an antike Form erinnert, entspricht doch
ganz dem romanischen Style, es ist nur voller, frischer,
freier behandelt. Es ist möglich, dass der Künstler etwa
in Italien römische Werke gesehen hatte, aber im NVe-
sentlichen entsteht dieser Anklang an Antikes doch nur
dadurch, dass die Elemente, die im romanischen Style ent-
halten und in der sächsischen Schule besonders treu be-
wahrt waren, durch den frischeren Geist, der die Kunst
überhaupt durchdrang, auch höhere frischere Farben er-
hielten, und dass der Künstler, von dem dieses Werk
stammt, diese antiken Elemente mit grösserer Zuneigung
und Wärme ausbildete, als seine Zeit- und Kunstgenossen.
Während wir hier also noch bis gegen die Mitte des
dreizehnten Jahrhunderts die romanische Form mit vollstem
Verständnisse behandelt sehen, machten sich indessen an
anderen Stellen fremde Einflüsse geltend. Die gelehrte