Anhänglichkeit
den
romanischen
Styl.
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Deutschland sogleich verstanden werden müssen, man würde
ihn wie einen auswärts geborenen Bruder mit Freuden
aufgenommen haben. Er war aber das Erzeugniss nicht
einer rein germanischen, sondern einer aus Romanen und
Germanen gemischten Nation, er war das Werkpdes orga-
nisirenden, das Auseinanderstrebende verbindenden Talentes,
Welches in gemischten Nationen schon im Leben und durch
das Bedürfniss der Einigung Uebung und Ausbildung er-
hält, und trug das Gepräge der künstlicheren Verhältnisse,
welche durch den Gegensatz und die allmälige Verschmel-
zung der Stämme entstehen. Er hatte denselben Charakter
der Vermittelung und Ausgleichung wie die Scholastik
und das französische Ritterthum, und dieser Charakter trat
gerade in der früheren Gestalt des gothischen Styls, WO
die constructiven Elemente vorherrschten, unverhüllt und
unverkennbar hervor. Den Deutschen war dieser Begriff
einer höheren, durch Verschmelzung der Gegensätze ge-
bildeten Einheit fremd; sie fühlten sich nur vermöge ihrer
natürlichen Abstammung als ein Volk, nicht vermöge ihres
politischen Zusammenhanges. Sie hatten überall einfachere
Verhältnisse vor Augen mid daher die Neigung, diese auch
in der Architektur wiederzufinden. Der romanische Styl
sagte ihnen schon deshalb mehr zu, weil er in der Con-
struction und in der Bogenform einfacher und natürlicher
ist, als der gothische. Es knüpften sich an diese Natür-
lichkeit poetische Empfindungen, auf die man nicht ver-
zichten konnte. und für die man noch keinen Ersatz kannte.
In Wie vielen Stellen legen nicht unsere Dichter des drei-
zehnten Jahrhunderts gleiehsam Protest gegen die künst-
lichen Zustände ein, welche der Zeitgeist der Nation fast
wider ihren Willen aufnöthigte, in wie vielen sprechen sie
nicht die Sehnsucht nach einfacheren und nätürlicheren
Verhältnissen
V.
8115.
Aber
auch
das antike Element,
20
welches