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Der
frühenglische
Styl.
aufkam; es enthält noch mehr geometrische Elemente und
bestimmtere Formen
Auch in einer anderen Beziehung führte diese decora-
tive Richtung die englischen Architekten schnell über das
erste Stadium des Styls hinaus, in Beziehung nämlich auf
die Gewölbe, hier jedoch in vortheilhafterer Weise.
Während man nämlich auf dem Continent im ganzen Laufe
des dreizehnten Jahrhunderts bei dem einfachen Kreuzge-
wölbe stehen blieb, wurden in England schon bald nach
der Mitte desselben reichere und künstlichere Gewölbfor-
men angewendet. Schon bei den gewöhnlichen Kreuzge-
wölben auf viereckigen Räumen begann man sehr früh die
Zahl der Gewölbrippen zu vermehren, indem man zu den
Quer- und Diagonalrippen noch eine Scheitelrippe hinzu-
fügte, welche ununterbrochen in der ganzen Länge des
überwölbten Raums fortlänft rund die Schlusssteine der ein-
zelnen Gewölbfelder verbindet. Die Möglichkeit einer solchen
Longitudinalrippe beruhete darauf, dass man die Kappen
von den Quergurten zu den Diagonalrippen nicht, wie es
auf dem Continent häufig geschah, ansteigend, sondern
horizontal wölbte, allein ein erheblicher statischer Nutzen
war dennoch von einer solchen Rippe nicht zu erwarten.
Sie war im 1Vesentlichen eine blosse Decoration, und zwar
keine glücklich gewählte, da sie die beiden Hälften des
Gewölbes schied, mithin die innere Einheit der einzelnen
Gewölbfelder und das durch die Diagonalrippen angedeutete
lebendige Entgegenkommen der beiden Seiten des Gebäudes
verdunkelte. Anders verhielt es sich, wenn man Räume
Die englischen Archäologen, namentlich Sharpe a. a. 0., nen-
nen das Maasswerk dieser Epoche daher das geometrische (geometrical
tracery) im Gegensatze zu dem geschweiften (flowing oder curvilinear)
und dem geradlinigen [rectilinear oder perpendicular). Das letzte, welchem
Sharpe die Zeit von 1360 bis 1500 anweist, ist in den englischen Kirchen
jetzt bei Weitem das vorherrschende, namentlich an grösseren Fenstern.