Historische
Einleitung.
immer zahlreiehere Altäre; die Feste wurden vermehrt und
mit grösserem Prunk gefeiert, die Dogmatik blieb nicht
mein dieselbe, das Wunder musste der Gegenwart näher
gebracht, die sühnende Kraft zugänglicher werden. _Die
Lehre von der Transsubstantiation, die bei ihrer ersten
Aufstellung im neunten Jahrhundert wenig Anklang ge-
funden hatte, ging jetzt in das Volksbewusstsein über; die
Scholastik gab ihr den Namen, ein lateranensisches Coneil
unter Innocenz III. die kirchliche Bestätigung. Die Lehre
vom Ablass, früher von den Theologen gemissbilligt oder
beschränkt, wurde durch die grossen Scholastiker Albertus
magnus und Thomas von Aquino geregelt und zum Sy-
stem erhoben.
Besonders aber wurde die Stellung der Hierarchie eine
andere. Zunächst schien sie zu gewinnen. Indem die
Nationen sich ausbildeteil und mächtige Königreiche ent-
standen, war sie gegen das Uebergewicht der Kaiser mehr
als bisher gesichert. Sie konnte als Vermittlerin und Rich-
terin zwischen den gressen weltlichen Mächten auftreten,
sie erlangte dadurch das Recht und gewissermassen die
Pflicht, sich auch mit den Zeichen weltlicher Macht zu
lungeben. Es war ihre glänzendste, aber freilich nicht
mehr ihre grossartigste Zeit. Sie musste sich auf die
Wirklichkeit, auf weltliche Händel und rechtliche Deductio-
nen einlassen, konnte die Reinheit und Consequenz des
lehrreichen und anziehenden Dialoge des Caesarius von Heisterbach (ed.
Strange 1851). Der strenge Novizenlehrer nimmt keinen Anstand, sei-
nem Schüler zu erzählen, wie die heilige Jungfrau (Dist. 7, cap. 38,
V01. II, p. 49) für einen edeln Ritter, der, um die Messe zu hören,
den Anfang des Turniers versäumt, in den Schranken aufgetreten sei,
und in seiner Gestalt Siege erkämpft habe, wie sie ferner (daselbst
cap. 34] die Stelle einer entlaufenenfNonne im Kloster vertreten, bis
diese bussfertig zurückkehrt, wie sie endlich den von sündhafter Liebe
entzündeten Ritter durch ihre Schönheit und durch ihren Kuss geheilt
habe (daselbst cap. 32).