Die
Kathedrale
VOll
Canterbury.
245
Wähnung werth, dass dieser die Stelle des älteren Rund-
bogens eingenommen. Bei der Genauigkeit seiner Be-
Schreibung, der Sorgfalt, womit er einzelne Unregelmäs-
Sigkeiten der Anlage erwähnt und entschuldigt, und der
lebendigen Anschauung, welche seine Worte gewähren,
müssen wir ihn, wenn er nicht selbst bei dem Bau thätig
war ü), wenigstens für einen Freund der Kunst halten,
der mit den Ansichten der Meister nicht unbekannt ge-
blieben. Wir entnehmen daher auch hieraus, dass man in
der That diese Bogenform nur als ein Mittel der Con-
struction, nicht als eine Zierde betrachtete, und können
uns um so mehr die Erscheinung erklären, dass sie zuerst
nur an den minder auffallenden, tragenden Theilen ange-
wendet wurde.
Der Bau des Wilhelm von Sens ist noch erhalten, und
zeigt eine genaue Uebereinstimmung mit der Kathedrale
von Sens; die Doppelsäulen, die dort angewendet waren,
die Verhältnisse der Säulenstämme und korinthisirenden
Kapitäle, die Basen sind auch in dem englischen Bau bei-
behalten. Der Chorschluss ist hier rund, während die
meisten um diese Zeit in England gebauten Kirchen schon
geraden Schluss erhielten wg); er hat zwar eine eigen-
1') Die bescheidene Erwähnung des nicht genannten Mönchs, des-
sen sich Wilhelm von Sens bediente, um den Bau von seinem Bette
aus zu leiten, die Hindeutung auf den Neid, mit welchem diese Aus-
zeichnung des jüngeren Mannes betrachtet wurde, könnte auf die Ver-
muzhuxig führen, dass dieser Mönch kein anderer als Gervasius selbst
gewesen
Eine Andeutung des Gervasius lässt vermuthen, dass der
runde Chorschluss Widerstand fand. Der ältere Bau hatte ihn zwar
ebenfalls gehabt, allein er war kürzer gewesen. Zufolge der Beschrei-
bung hatte der Chor auf jeder Seite neun Pfeiler und dann die sechs
der Rundung, während er jetzt nach der Weise, wie Gervasius rechnet,
zwölf Pfeiler ohne jene sechs enthält. Da man nun über die Funda-
mente hinausging, war man auch nicht an dieselben gebunden. Meister