Die
Kathedrale
VOII
Canterbury.
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Gebäudes man Werth legte, wie man die Formen dessel-
ben betrachtete, So gebraucht Gervasius schon das Wort:
Triforimn, und erklärt es ausdrücklich als eine "via" , als
einen Weg in der Mauer, so dass der historische Ursprung
dieser Form aus der Wirklichen Gallerie schon vergessen
und nur die Brauchbarkeit ins Auge gefasst war. S0 nennt
er ferner nicht das ganze Kreuzschiff, sondern jeden Arm
des Kreuzes: Crux, und schliesst damit jede symbolische
Hindeutung auf das Kreuz Christi aus. S0 bezeichnet er
das Kreuzgewölbe mit dem Worte: Ciborium, das in der
kirchlichen Sprache bisher den Baldachin über dem Altare
bedeutete "Ü; man War sich also des Umstandes, dass
diese Gewölbe nur auf den vier Pfeilern ruheten und mit
diesen ein selbstständiges Ganzes ausmachten, völlig be-
wusst. Er fügt hinzu, dass er sich erlauben werde, statt
dieses damals üblichen Ausdrucks das Wort: Clavis,
Schlüssel oder Schlussstein, zu gebrauchen, weil dieser in
die Mitte gestellte Stein die von allen Seiten herkommen-
den Theile zusammenschliesse, und zeigt dadurch , dass er
die Form und Bedeutung des Rippengewölbes wohl versieht.
Dabei ist er sich des Unterschiedes und der Vorzüge
des neuen Styls vor dem alten vollständig bewusst. Schon
bei der Beschreibung des älteren, durch den Brand zer-
störten Baues, die er als Augenzeuge überliefern zu müs-
sen glaubt, bemerkt er die Dicke der Mauern und die
kleinen und dunklen Fenster (murus solidus parvulis et ob-
scuris fenestris distinctus), und am Schlusse seiner Erzäh-
lung macht er es sich zur Aufgabe, die Vorzüge des neuen
Werkes zu schildern. Er rühmt die grössere Pracht, die
t) Derselbe Ausdruck findet sich auch in der Chronik des Abts
Menco zu Wernen bei Groningen (in Mathaei Analecta, tom. II, p. 132
sqq., Lugduni Bat. 1738), bei der interessanten Beschreibung der Er-
bauung dieser Kirche im Jahre 1238 durch Meister Everhard von Köln.
Vgl. Dr. Scholten im Domblatt 1850, Nro. 62.
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