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England.
aber freilich nicht von einem einheimischen, sondern von
einem französischen Meister. Die Geschichte dieses Baues
ist uns durch die glückliche Erhaltung des Berichts, wel-
chen Gervasius, ein Mönch des mit dem Dome verbun-
denen Klosters, niederschrieb , vollständiger bekannt als
irgend ein anderer architektonischer Hergang dieser Zeit.
Der Chor der Kathedrale, welcher unter der bischöflichen
Regierung des berühmten Ansehn dem durch Lanfrancus
errichteten Schiffe der Kirche angebaut und im Jahre 1130
geweihet war, wurde im Jahre 1174 ein Raub der Flam-
men. Unser Berichterstatter Gervasius 3') beginnt damit,
den Schrecken seiner Brüder zu schildern, als sie die Stätte
ihrer täglichen Andacht einem unabweudlichen Untergange
Preis gegeben sahen. Sofort dachte man auf Abhülfe des
Schadens und zog deshalb Werkverständige, und ztvar,
wie ausdrücklich bemerkt wird, Franzosen und Engländer
herbei, die aber unter sich nicht einig werden konnten.
Einige gaben den Mönchen die angenehme Versicherung,
dass die Ueberreste der Pfeiler und Mauern für den Neu-
bau brauchbar sein würden, Andere erklärten dies für ge-
fährlich. Endlich fassten die Geistlichen den vernünftigen
Entschluss, einen Obermeister zu wählen und sich ihm
anzuvertrauen, und nahmen dazu einen gewissen Wilhelm
aus Sens, der nicht nur als ein geschickter Künstler in
Stein und Holz berühmt war, sondern auch durch seinen
sonstigen guten Ruf und durch seinen lebhaften Geist
Vertrauen einflösste. Er geht sorgsam zu WVerke, beginnt
abzubrechen, zu iuitersuchen, überzeugt die Mönche all-
mälig, dass es nicht rathsam sei, durch eine Beibehaltung
3') Gervasii Tractatus de combustione ae reparatione Gantuaviensis
ecclesiae, in: Twisden, Hist. Angl. Scr. p. 1289. In dem bereits er-
wähnten trefflichen Werke des Professors Willis in Cambridge: The
architectural history of Canterbury Cathedral, London 1845, findet sich
eine englische Uebersetzung des Berichts.