Kathedrale
V01]
Tournay.
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Triforiums dadurch erklären, dass man, als das Domkapitel
gegen die Mitte des zwölften Jahrhunderts die Vergrösse-
rung der unscheinbaren, 1066 geweiheten Kirche beschloss,
mit dem Kreuzschilfe begann und erst nach Vollendung
desselben das Langhaus in Arbeit nahm, es ausschmüekte
und vermittelst des etwas gedrückten Triforiums den neuen
Kreuzconchen. ähnlich machte. Dies würde dann auch mit
der Nachricht, Wonach 1198 das Langhaus noch der
Balkendeeke bedurfte, übereinstimmen. Es kann aber auch
sein, dass man mit der Herstellung des Langhauses und
zwar unter deutschem Einflusse begann, unter diesem Ein-
flusse auch die Conchen des Kreuzes nach Köiner Vor-
bildern anlegte, dann aber bei der Weiteren Ausführung
derselben französische Meister zuzog, welche nun die nrehr
schlanke und constructive Tendenz verfolgten, dabei aber
die Zierlichkeit der Details, wie es bei solchem Streben
und nach der Verschiedenheit beider Schulen völlig erklär-
bar ist, vernachlässigten. Jedenfalls ist es merkwürdig,
wie sich hier deutsche und französische Elemente kreuzen
und mischen. Im Langhause die Anlage mit den Weiten
Gallerieölfnungerl französisch-normannischen Ursprungs, die
Ausführung auf Deutschland hinweisend, in den Concheil
die Anlage deutsch, die Ausführung französisch. Erwägt
man nun noch, dass augenscheinlich nach dem Vorbilde
dieser Kreuzconchen und nicht lange darauf die ähnlichen
an den Kathedralen von Noyon und Cambray entstanden
sind, und dass mithin diese ursprünglich deutsche, aber in
Tournay durch die französische Verbindruig von Gallerie
und Triforium veränderte Anlage von hier aus nach Frank-
reich kam, so sieht man deutlich, dass Tournay eine
wichtige Station in dem geistigen Verkehre beider Völker
bildete.