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Aquitanien.
Ein Beispiel dieser Mischung giebt die Facade der
Kirche St. Croix in Bordeaux k), zu einer alten, im zehn-
ten Jahrhundert gegründeten Abtei gehörig, anscheinend aus
der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts stammend.
Der Mittelbau, von zwei unvollendeten Thürmen begränzt,
hat ein prachtvolles Hanptportal zwischen zwei schmalen
und blinden Seitenportaleu, darüber gekuppelte Bogenfenster
und Gallerien, Welche zur Aufnahme von Bildwerken be-
stimmt gewesen zu sein scheinen. Die reiche Ornamenta-
tion der Portale, Zickzack, Sterne, Sehnabelspitzen, Schach-
brettfriese, lässt den cnglisch-normannischen Einfluss er-
kennen; auch die Bögen sind mit dem Zickzack bedeckt;
aber die Kragsteine und Blattornamente der Gesimse und
die Gruppen von Halbsäulen an den Stockwerken der
Thürme zeigen den antikisirenden südfranzösischen Ge-
schmack.
In den nördlichen Gegenden Aquitaniens War diese an-
tikisirende Richtung schon in der vorigen Epoche mehr in
den Hintergrund getreten und dagegen (lnrch klimatische
Ursachen und nordische Einflüsse und zum Theil durch die
Nachwirkungen des fremden Kuppelsystems eine grössere
Empfänglichkeit für gothische Formbildung vorbereitet. Dies
zeigt sich besonders an einem Monumente, dessen Ent-
stehung unmittelbar an Heinrich Il. anknüpft, und dessen
Geschichte für diese Provinz überaus wichtig ist, an der
Kathedrale von Poitiers zeit). Der Neubau derselben wurde
im Jahre 1162, anscheinend ohne dringende Veranlassung,
Während der Anwesenheit der einheimischen Fürstin Eleo-
nore und ihres Gemahls mit [Tnterstützung dieses könig-
1'] K. Bernhard Stark a. a. O. S. 231.
H] Auber, Histoire de 1a Gath. de Poitiers, Paris 1849, 2 Bände
mit einigen (freilich in architektonischer Beziehung nicht sehr befrie-
digenden) Zeichnungen.