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Aquitanien
Kirchen in den Diöcesen von Bordeaux, Saintes und An-
gers unbedingt verneinen Die Bewohner dieser Pro-
vinzen, romanisirt wie die der südlichen Gegenden, und
daher in Sprache und Poesie sich an diese anschliessend,
hatten dagegen die Reinheit des keltischen Stammes in viel
höherem Grade erhalten, imd widerstrebten daher mit der
diesem Stamme eigenen Zähigkeit dem germanischen Ele-
mente. Wir sahcn oben, dass dieses unter der Herrschaft
der Karolinger fast keinen Einfluss auf sie geübt hatte, dass
sie namentlich die Traditionen römischer Architektur noch
im zehnten und elften Jahrhundert bewahrten. Die gei-
stige Bewegung des elften Jahrhunderts hatte diesen sta-
tionären Zustand zwar gebrochen; neue Formen waren in
Aufnahme gekommen, der Spitzbogen, den wir in deco-
rativem Sinne angewendet schon um 1100 in Moissac
fanden, das Kuppelsystem, welches iion St. Front in Pe-
rigueux ausging, endlich die phantastische Ornamentation
der Faoaden, von der wir Beispiele gesehen haben. Aber
diese Neuerungen schlossen sich dem bisherigen Systeme
an, vermischten sich mit den romanischen Traditionen, er-
zeugten nicht das Bedürfniss nach weiteren Fortschritten
und wurden mit derselben Beharrlichkeit festgehalten, wie
früher die unmittelbare römische Ueberlieferung. Noch die
Facade von Notre-Dame la grande in Poitiers, die ich
des Zusammenhanges wegen in der vorigen Epoche er-
wähnt habe, gehört gewiss erst der zweiten Hälfte des
zwölften Jahrhunderts an, und eine Reihe kleinerer Kirchen
zeigt, dass man noch im dreizehnten Jahrhundert an vielen
Stellen ausschliesslich romanische Formen, nur in milderer
und mehr harmonischer Weise, anwendete M).
e) Bull. monum. VIII, 309, 311; x, 56a; vn, 522.
w) Beispiele solcher spätromanisehen Kirchen sind die von Char-
lieu (Loire), von St. Pierre in Chauvigny (Poitou) und endlich von
Bätaud und Riaux im Sointonge. Bull. monum. VII, 582; IX, 517;