Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

Spätere 
Einführung 
des 
gothischen 
Styls. 
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Diese Lage der Dinge änderte sich erst nach den 
Albigenserkriegen. Als das verwüstete Land eine von 
Paris aus beherrschte Provinz geworden War, als nord- 
französische Herren von seinen Schlössern, Günstlinge des 
Königs von seinen Bisthümem und Abteien Besitz nahmen, 
als auch die einheimischen Grossen in immer nähere Bezie- 
hungen zu der nördlichen Hauptstadt traten, wurde der 
nunmehr schon gereifte und zum fertigen Systeme ausge- 
bildete gothisehe Styl auch hier eingeführt. Seine Vorzüge 
waren zu auffallend, er entsprach der allgemeinen Richtung 
der Zeit zu sehr, als dass man sich ihm hätte entziehen 
können. Aber niemals kam man dazu, ihn in seiner ganzen 
Kraft und Schönheit anzuwenden; die Hand versagte gleich- 
sam den Dienst, ihr wurde zugemuthet, Was ihr nicht 
natürlich war. Dem bequemen Sinne des Südlämilers 
widerstrebten die künstlichen Verbindungen, die feine und 
mühsame Berechnung, die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit 
kleiner Theile, die nur für den, der ihre Bedeutung fühlt, 
ein Ganzes bildet. Die Richtung auf das Einfache, Breite, 
Horizontale war zu allgemein, zu sehr mit allen Gefühlen 
und Gewohnheiten verwachsen, als dass man die auf- 
strebenden Verhältnisse, den feinen Wechsel verticaler 
Glieder und Höhlungen sich wirklich aneignen konnte. 
Man baute in gothischem tStyle, aber nicht mit Lust, nicht 
mit voller Ueberzeugung. 
Auch blieb die Zahl der gotliischeil Kirchen in den 
östlichen Theilen dieser Region klein lllld die meisten (ler- 
selben gehören der späteren Zeit nach der Beendigung der 
Albigenserkriege an. Bis dahin lässt sich keine Verände- 
rung des Styls bemerken. Noch St. Andre in Grenoble, 
obgleich erst 1226 gegründet, ist fast ganz romanisch, mit 
schwach zugespitzten Arcaden und dem Rundbogenfriese, 
und auch wo man gothisch baute, geschah es nur mit 
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