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Französische
Gothik.
des Königs entworfen sein mochte, vcrrichteten die Mönche
wenigstens die körperliche Arbeit, wie dies die oben er-
zählte Anekdote über die Theilnahme Ludwigs IX. an die-
Sem Bau beweist. Ueberhaupt kann man es fast als gewiss
annehmen, dass der Cistercienserorden, welchem beide
Klöster angehörten, in seinem Schoosse noch immer eine
Schule von Bauverständigen t) erzog, über welche ich
später ausführlicher sprechen werde. Es lag also nicht an
dem Willen oder der 'l'rägheit der Geistlichen, wenn sie
die Baukunst Weniger übten, sondern in den höheren An-
Sprüchen, welche die Kunst machte. Die schlichten Hand-
werker, welche an weltlichen Bauten gearbeitet hatten und
auch wohl von den Geistlichen zur Aushülfe herangezogen
Waren, hatten sie überflügelt, hatten sich zu wahren Künst-
lern ausgebildet, erfanden, wo sie bisher nur dieuend aus-
geführt hatten, brachten Bauten von solcher Schönheit,
Consequenz und Solidität hervor, wie man sie bisher nicht
gekannt hatte, und gaben allmälig die Ueberzeugung, dass
die Baukunst nicht aus Büchern und nebenher zu erlernen
sei, sondern Männer erfordere, welche sie zu ihrem
Lebensberufe gemacht hatten. Neuere Schriftsteller M)
haben diesen Uebergang der Baukunst aus den Händen der
Geistlichkeit in die der Laien und den gothischen Styl
selbst als eine Saecularisation der Kunst, als einen Sieg der
Freiheit über die Hierarchie betrachtet. Allein die Auf-
fassung in jener Zeit selbst war eine ganz andere; die
Würdenträger der Kirche, die Bischöfe und Aebte und der
fromme König Ludwig gingen in der Begünstigung des
neuen Styls voran, und selbst die Cistercienser, obgleich
zu erwähnende Manuscript des Vilars
auch bei ihnen Architekten aus dem
"Ü Obgleich, wie das unten
de Honecourt zu ergeben scheint,
Laienstande concurriren durften.
Daniel
Hist.
Ramäe ,
Parch.
184.