Princip
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Ornamentation.
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sei. Deshalb wurden denn auch die Mauerfiächen, obgleich
sie in dem Systeme des gothischeil Styls nur eine passive
Bedeutung hatten, decorativ belebt. In der romanischen
Architektur, namentlich in Frankreich, hatte man am Fuss
der vvälldß im Inneren häufig eine Arcatur angebracht,
welche stark vertieft zur Verringerung der Mauermasse
oder zur Unterstützung der Fensterbrüstung wirkliche Dienste
leistete. Im gothischen Style behielt man sie mit flacherer
Ausarbeitung aber mit reicherem Schmuck bei, obgleich
sie bei der geringen Stärke der Mauer entbehrlich war.
Sie hatte daher hier nur den ästhetischen Zweck, das
Princip des Aufsteigens und WVölbens schon von Boden
auf und gleichsam im Keime darzustellen. Aus diesem
Principe entwickelte sich denn auch einerseits der grösste
'l'heil des Fag-adenschnlueks, andererseits aber als feinste
Aeusserung des Gefühls die Profilirung, in welcher anfangs
der Rundstab, die Aeusserung kräftiger Bogenschtlvingung,
später die weiche, birnförmige Linie, als der Ausdruck
organischen Lebens in verschiedenartiger VVeise vorherrschte.
Bei der allgemeinen 'l'heilnahme, Welche der neue Styl
erweckte, war die Stellung der Künstler in dieser Gegend
natürlich eine andere geworden wie bisher. Sie gehörten
jetzt, wie wir wissen, meistens dem Laienstande an. Zwar
kam es noch immer vor, dass Kloster-bauten ganz von Geist-
lichen und Mönchen geleitet und ausgeführt wurden. In der
Abtei N. D. des Dunes in Flandern vermochten sechs aufein-
anderfolgende Aebte von 1221 bis 1'263 den Bau selbst zu
führen und ihn, obgleich sie zuweilen 400 Personen brauch-
ten, bloss mit Hülfe ihrer Mönche, Laienbrüder und Dienst-
leute zu vollenden und an der Abtei von Royaumont,
deren Plan Wahrscheinlich von einem der Meister im Dienste
bei Fälibien,
Paris 1687,
Sanderus Flandria illustr. l. i. c. "l,
1a vie des plus cälebres architectes.
Ant.
historique de
Recueil
p. 213.