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Französische
Gothik.
Formen an Aber auch selbst die schlichten Bürger der
Städte verwandten ihre Ersparnisse, um das Aeussere ihrer
Häuser mit Säulen und Bögen zierlich schmücken zu lassen,
wovon sich in Frankreich noch manche Beispiele, vielleicht
schon aus dem zwölften Jahrhundert erhalten haben ade).
Die Sitte der Anlegung offener Gänge in den unteren Stock-
werken der Häuser, der Lauben wie man sie in gewissen
Gegenden Deutschlands nennt, in denen die Vorübergehen-
den Schutz gegen üble Witterung fanden und die dem
Verkehr dienten, wurden ein Mittel zu regelmässigerer
Construction der Häuser. Auch blosse Nützlichkeitsbauten,
wie Pachthöfe und Scheunen, wurden Wenigstens mit sol-
cher Solidität erbaut, dass sich mehrere derselben bis auf
UIISBYB 'l'age erhalten haben, und uns noch den Adel der
Form zeigen, der dieser Epoche zur anderen Natur ge-
worden War damit).
Der Geist dieser Schule War vor allem ein eifriger
Geist, der rasch zum Ziele strebte und sich bei Kleinig-
keiten nicht lange aufhielt. Man baute schnell; die Sainte-
Chapelle von Paris, obgleich von nicht unbedentendem Um-
fange und mit dem reichsten plastischen Schmucke ausge-
stattet, ist in acht Jahren vollendet; andere einfachere Bau-
ten, Klöster, Schlösser und dergleichen sind, wie ein Sach-
verständiger an ihrer Ausführung sehen kann, mit Wahrer
ü) Ein Beispiel ist das Schloss von Etampes, wo Philipp August
die Königin Ingeburga von 1199-1201 gefangen hielt, wahrscheinlich
nicht lange vorher erbaut. Bull. monum. XII. p. 488.
w") Namentlich in der durch die mächtige Abtei wohlhabend ge-
wordenen Stadt Ghmy, bei du Somärard Part an moyen age und Verdier
et Cattois Archlt. civile et domestique au moyen age. Hft 1. Häuser
aus dem Pärigord und Limousin theilt F61. de Verneilh in den Annal.
archäol. IY. p. 161 ff. mit.
S0 an dem der damaligen Abtei Marmoutier gehörigem Pacht-
hofe von Meslay in der Nähe von Tours. Verdier und Cattois a. a. O.